Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Steglitz, 29. Februar 1912.

Steglitz – Albrechtstr. 72.

29.II.1912.

Hochverehrte Excellenz,

für Ihre lieben Zeilen Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, innigsten Dank sagend, betrübt es mich nur aufrichtig, daß es Ihnen noch immer nicht gut geht und daß Ihre Frau Gemahlin wieder krank ist. Ich wünsche derselben von Herzen gute Besserung!

Daß Sie aber, hochverehrter Herr Geheimrat, seit 2 Monaten wieder nicht ausgegangen sind, finde ich offen gesagt aber recht unrecht. Es waren doch immer inzwischen so schöne Tage, daß Sie || gut hätten heraus können. Bitte, lieber, guter Herr Geheimrat, denken Sie doch bitte mehr an Ihre Gesundheit und gehen Sie doch täglich hinaus, wenn es Ihnen auch schwer fällt und Ihnen auch gewiß arge Schmerzen bereitet, aber Sie müssen hinaus, müssen an die Luft und sich Bewegung machen. Sie brauchen doch so notwendig Luft und Sonne!

Es hat mich auch gefreut zu hören, daß hier in Steglitz Leute wohnen, die Ihnen durch ihre Briefe eine Freude bereitet haben und Ihnen sympathisch sind. ||

Es ist doch nur gut, daß der gräßliche Vielhaber nun aus dem Monistenbund entfernt ist, von seiner Anwesenheit gesäubert. Doch aber traurig, daß an der Spitze solch einer weltbewegenden Vereinigung Leute stehen, die um Bezahlung die Sache leiten und ihre Meinung haben. Ich habe mich doch herzlich über sein endliches Ausscheiden gefreut!

Von mir aus habe ich leider diesmal nicht viel Gutes zu berichten. Mein Mann liegt seit einer Woche an schwerer Influenza. Auch sind die Lungen angegriffen, wie mir der || Arzt sagte. Auch hat mein Mann noch garkeine Aussicht, eine Stellung zu finden, fast immer ist er zu alt (er wird 49 J.) an 2 anderen Stellen fanden a die Leute, daß er einen zu distinguirten Eindruck machte, und sie hätten sich sehr gewundert, daß er nur 150 Mk. Gehalt beansprucht hätte, wie sie Herren mitgeteilt, die über meinen Mann Auskunft erteilt hatten. Mir selbst geht es auch noch immer nicht nach Wunsch; ich bin noch immer so sehr abgespannt und fällt mir Alles so schwer.

Mit meiner botanischen Arbeit geht es so sehr langsam weiter, || da Hr. Dr. Vogtherr die Sache nur nebenbei betreibt, sehr beschäftigt sonst ist, und infolgedessen etwas sehr saumselig mit dem Beschaffen des Materials für mich ist. 2 Tafeln habe ich nun fertig; es sollen aber erst 8 Tafeln als Probelieferung gemacht werden, dann dem Verlag eingeschickt werden, der daraufhin erst den Kontrakt mit mir machen will. Ich wünschte mir sehr, sehr, daß die 8 Tafeln erst gefertigt werden, daß ich dann doch etwas Bestimmtes wüßte.

Ihr mir so gütig geschenktes Lehrbuch v. Strasburgerb hat mir schon viel gute Dienste getan und erscheint es || mir manchmal noch fast unglaublich, daß das schöne Buch mir gehört. Aber ein Blick auf die wundervolle, gütige Dedikation von Ihrer Hand macht mich dann immer zu glücklich! –

Malen Sie, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, noch immer fleißig?

Indem ich Ihnen von ganzem Herzen recht gute Besserung wünsche, und Alles Gute, mit einer Empfehlung und besten Besserungswünschen für Ihre hochverehrte Frau Gemahlin, || bin ich immer mit herzlichsten Grüßen

Ihre Sie hochverehrende, Ihnen aufrichtig dankbare, stets treu ergebene

Ella v. Compton

P. S. Der einliegende kleine Frühlingsgruß ist ein selbstgezogenes Schneeglöckchen, das erste von unserem Balkon.

a gestr.: ihn; b irrtüml.: Strassburger

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
29.02.1912
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4441
ID
4441