Martens, Eduard von

Eduard von Martens an Ernst Haeckel, Berlin 21. November 1859

Berlin den 21.a November 1859

Lieber Freund!

Heute Abend werde ich abreisen u. ich habe mir die Antwort auf Deinen lieben Brief als letztes Morgenvergnügen verspart. Ich danke Dir für Deine Glückwünsche, u. Deine lebhafte Theilnahme an meinem Vorhaben; sowie für die speziellen Rathschläge, die ich freilich zum großen Theil schon befolgt hatte, ehe ich Deinen Brief erhielt.

Was die Reise selbst betrifft, so thut es mir allerdings leid, daß ich b allein alle Zweige der Zoologie vertreten muß, ich hatte c anfangs d gehofft, Dr. Hensel mitnehmen zu können, der die größeren Thiere auf sich genommen hätte, so muß ich alles selbst thun, u. ich werde daher, solange wir irgendwo an Land sind, alle Hände voll zu thun haben, dazwischen wieder zur See Zeiten, wo gar nichts zu machen ist. Mit Beobachtung u. dgl. wird daher nicht viel herauskommen, die Hauptsache wird sein für das Museum zu sammeln u. für mich zu sehen, wo, in welchen Umgebungen die Thiere leben. ||

Es thut mir leid, beim Auspacken Deiner Sammlungen nicht zugegen sein zu können; Peters läßt Dir Beobachtungen über die Eiertaschen der Sygnathen empfehlen. Wenn Du vor dem Philisterwerden e einen leisen Schauder hast, so freue Dich dafür auf die glückliche Häuslichkeit. Das Schicksal wägt gerecht f den Vortheil u. Nachtheil ab.

Die ganze Geschichte wird viel Angenehmes u. Unangenehmes haben; wäre ich mit Dr Hensel oder Dir g zusammen, so würde ich es als Vergnügen betrachten, so betrachte ich es oft mehr als Pflicht, Pflicht sowohl gegen mich selbst als gegen h das Museum u. den Staat, u. habe oft ein ähnlich i Auf- und Abwägen des Muthes u. Stolzes, wie vor dem Staatsexamen seiner Zeit, betrachte j auch das allmälige Heranrücken ebenso als etwas Nothwendiges, weder der Hoffnung noch Furcht unterworfenes. Was Dein freundliches Anerbieten betrifft, mir den Überschuß Deiner Gesundheit u. Kraft mitzugeben, so danke ich Dir schönstens, ich glaube aber, daß für jene Klimate ein Übermaß von Kraft und Lebens-turgor auch seine bedenkliche Seite hat, u. vork plötzlichen schweren Erkrankungen nicht schützt, während ein bescheidenes Maß mehr zu Vorsicht mahnt, u. gleichsam durch sofortiges l Schuldenzahlen gegen das Klima keine Cumulationswirkung eintreten läßt. Setze dafür auch Du ja nicht zu sehr auf Deine Unverwüstlichkeit. Und damit Verlängerung unseres Abschieds auf ein paar Jahre, auf Wiedersehen m in Jena oder sonst auf einem Professorsitz

Dein Eduard von Martens.

a korr. aus: 20.; b gestr.: ziemlich; c gestr.: se; d gestr.: h; e gestr.: Dich; f gestr.: vo; g gestr.: ge; h gestr.: mein; i gestr. Gefüh; j gestr.: es; k eingef.: vor; l gestr.: Reagiren de; m gestr.: als

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
21.11.1859
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 44387
ID
44387