Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 29. [April 1856]

B. 29sten

Mein lieber Herzens Ernst!

Wie sehr freute ich mich als am Freitag Dein so sehnlich erwartteter Brief ankam; ich hatte ja auch so viel Ursache zum Dank dafür, daß Du die Reise glücklich gemacht, daß Du endlich den Kartar loos bist, daß das Examen glücklich überstanden und vor allem das [!] Du so wohlgemuth das neue Verhältniß antrittst.

Nun Gott leite Dich ferner. So sehr wir Dich auch vermissen, so werde ich den Sommer die Trennung doch leicht ertragen da ich die Aussicht habe, Dich den Winter wieder bei uns zu haben. ||

Seit Du weg bist haben wir in rechter häuslicher Unruh gelebt, so daß ich kaum zur Besinnung gekommen bin. Am vorigen Dienstag fing meine große Wäsche an, da gab es viel Arbeit und heute wird erst die Plätterei besorgt. Ernst Weiß kam nach Deiner Abreise gleich vom Bahnhof zu mir um mir die frohe Nachricht zu bringen, daß es mit Würchows Herkommen entschieden sei. – Freitag war unseres unvergeßlichen Vaters Geburtstag, wenn ich da auch gedachte wie in den verflossenen || Jahren der Tag für uns so ganz anders war und mich dies wehmüthig machte, so war doch meine Hauptempfindung Dank gegen Gott, der uns so vortreffliche Eltern gegeben, und ich fühlte es recht wie auch ihr Seegen auf unsern Kindern ruhen wird. – –

Sonnabend machte ich eine Wanderung in die Stadt, um die von Dir gewünschten Sachen zu besorgen. Das gewünschte Buch war nicht bei Reimer, aber er wollte es besorgen, und gleich her schicken. So bald es kommt werde ich Deine Sachen abschicken.

Sonnabend Abend kam die Karo hier an, es || that ihr leid Dich nicht zu sehn. – Sonnabend Nachmittag kam auch Karl, der recht wohl aussah, er ging den Abend ins Theater. – Sonntag waren wir alle zur Feier von Tante Gertrudes Geburtstag zu Mittag bei Onkel Julius. Gestern Vormittag kam Onkel Christian hier an, der allerlei zu besorgen hatte und Nachmittags wieder mit Karl abreiste.

– Nun leb wohl mein Herzens Sohn, halte Dich gesund und frisch. – Gestern Nachmittag war die Frau Pritzel hier und brachte mir zwei große Blumentöpfe mit Erdbeeren.

Denke fleissig an Deine alte Mutter.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
29.04.1856
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 44178
ID
44178