Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Wilmersdorf, 18. März 1911

Wilmersdorf, Ringbahnstr. 247.

18.III.11.

Hochverehrte Excellenz,

bitte verzeihen Sie, daß ich erst heute für die gütige Übersendung Ihrer „Kernfragen der Philosophie“, die mich sehr interessierten, danken kann, doch war ich durch Krankheit verhindert. So von Herzen freute ich mich über dies kleine Lebenszeichen von Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, und danke Ihnen herzlichst dafür!

Geht es Ihnen denn gut? Ich würde mich ja so unendlich freuen, von Ihnen direkt durch eine Zeile zu hören, || wie Sie sich befinden. Wenn Sie auch nicht zum Kongreß nach Bologna reisen, werden Sie, hochverehrter, guter Herr Geheimrat sonst zum Frühjahr verreisen? Sehr ernstlich denke ich daran, recht bald einen Tag nach Jena zu kommen und möchte Sie dann doch nicht gern stören; darum bitte ich Sie herzlichst, hochverehrter, lieber Herr Geheimrat, mir recht bald einen Zeitpunkt zu bestimmen, an dem Ihnen ein ganz kurzer Besuch von mir (ich möchte Sie garnicht stören oder versäumen) angenehm wäre, wollen Sie bitte so lieb sein.

Außerdem möchte ich Sie gerne noch etwas fragen. Das Sommersemester an hiesiger Universität über „Kunstge-||schichte“ – Geheimrat Wölfflin – hat soviel Verlockendes für mich. So sehr gerne möchte ich dabei hospitieren. Doch genügt dafür wohl nicht das Abgangszeugnis meiner höheren Mädchenschule, wie ich es nur besitze, leider fehlt mir eben jedes spätere Examen. Nun dachte ich, ob Sie, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, mir vielleicht irgend eine kleine Bestätigung geben könnten und möchten, daß ich trotzdem nicht gar so dumm wäre, sondern wohl die nötige Reife hätte, um akademischen Vorlesungen folgen zu können. Ginge das vielleicht? Würde es Ihnen auch nicht zu viel Mühe verursachen? Von Herzen dankbar wäre ich Ihnen, bitte sein [!] Sie mir aber nicht böse, daß ich so unbescheiden bin. ||

Einliegendes kleines Leberblümchen, das heute gerade auf unserem Balkon sein blaues Auge aufgeschlagen, soll Ihnen einen recht schönen Gruß von mir sagen. Das kleine Stückchen Natur hatte ich mir aus dem Wald vergangenes Jahr heimgebracht und freut es mich nun so, daß das Pflänzchen hier bei mir gediehen.

Einen ganz kleinen Zeichenauftrag habe ich auch wieder.

Ihnen hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, Alles Liebe und Gute wünschend, mit herzlichsten Grüßen bin ich stets und immer

Ihre Sie hochverehrende, Ihnen treu ergebene, innig dankbare

Ella v. Crompton geb. Gewert.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
18.03.1911
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4408
ID
4408