Becker, Franz

Franz Becker an Ernst Haeckel, Ruvigliana Lugano, 31. März 1914

Ruvigliana Lugano, den 31. März 1914

Hochgeehrter Herr Professor,

Ich empfing kürzlich Ihre Karte vom 24 Febr. mit Ihrem Bildniß u. sage Ihnen meinen herzlichen Dank dafür. – Von den verschiedenen Karten Photographien, die ich die Freude habe, von Ihnen zu besitzen, gefällt mir diese letzte, am besten. – Welcher Beschauer des Antlitzes kann da noch zweifeln, daß Sie mit Ihrem Lebenswerk, mit Ihren Büchern u. Schriften, nur Gutes, || Wahres u. Schönes geschaffen haben!

Die neueste Auflage Ihres Glaubensbekenntnißes mit dem Anhang „Genetica“ habe von Kröner empfangen u. mit großem Interesse gelesen. – Da Sie wegen der Worte „Der Sturz des Christentums“ u. daß die christliche Lebensführung „nur auf dem Papier stehe“, jedenfalls angegriffen werden, so beeile ich mich, Sie zu versichern, daß Sie mit diesen u. ähnlichen wahrheitsvollen Worten, das Herz jedes aufrechten Menschen erfreut haben. –

Welch‘ großartige Propaganda Schrift ist doch diese Brochüre u. welche Freude wäre es, einige hundertausende Exemplare, || an das Publikum versenden zu dürfen! – Wir sollten alle unsere Mittel auf die Verbreitung dieser Schrift concentrieren; ich will an Herrn Reise in Hamburg schreiben u. ihn bitten eine Sammlung zu veranstalten, für die Verbreitung dieses Heftes. Nach Ostern haben wir den Frieden u. dann wäre die beste Zeit für unsere Propaganda. – –

Ich habe gelesen, daß Sie einen Aufsatz geschrieben haben über „Die Landeskirche u. die Religion“, oder wie der Titel heißt. Da ich diesen Artikel gern lesen möchte, Herr Reise || aber, wie er mir schreibt, kein Heft mehr davon vorrätig hat, so möchte ich Sie bitten, mir das Heft mit diesem Aufsatz gefℓ. zu leihen. – Entschuldigen Sie bitte meine Nachfrage, da ich aber alles gelesen habe, was Sie seit den Welträthseln geschrieben haben, so möchte ich mir auch diesen Aufsatz nicht entgehen lassen. –

Mit bestem Dank im Voraus, begrüsse ich Sie, hochgeehrter Herr Professor, mit gewohnter Hochachtung

Franz Becker

P.S.

Im Falle Sie, im Norden kaltes Wetter haben, so ist es Ihnen vielleicht ein Trost zu erfahren, daß wir hier, im sogenannten Süden unter Schnee, Regen, Kälte u. dickem tagelangen Nebel leiden!

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
31.03.1914
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 43102
ID
43102