Franz Taussig an Ernst Haeckel, Wien, [16.] Februar 1909

Sehr geehrter Herr Professor!

Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen wieder Zweifel, die mir in Betreff ihrer Lehre aufgestiegen anvertraue.

Sie vermeinen puncto Urzeugung jedes transcendenten Princips entbehren zu können. Sie sagen, das Leben sei nicht auf eine besondere „Lebenskraft“ zurückzuführen und führen in kurzem folgendes aus: Wenn sich eine || bestimmte Verbindung von chemischen anorganischen Atomen zusammenfindet, so bildet dies eine Masse, welche Lebenserscheinungen zeigt. Wohl sind die Atome an und für sich beseelt, aber worauf ist esa zurückzuführen, dass nun die eine spezifische Verbindung lebt? Sind Kohlenstoffatome mehr beseelt als andere? Liegt hier nicht doch ein transcendentes Princip vor? - ||

Eine zweite Frage: Identifiziert sich Ihre Lehre aberb mit dem Pantheismus Spinozas oder mit dem Materialismus oder besser gesagt dem Hylozoismus?

Voll Hochachtung

Franz Taussig

Wien XII/2

Schönbrunnerstrasse 215.

Erlauben sie, dass ich Ihnen || - wohl einige Tage zu spät - zu Ihrem 75. Geburtstage herzlich Glück wünsche.

Zum Text: a korr. aus: est; b eingef.: aber

Brief Metadaten

ID
42705
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Österreich
Entstehungsland zeitgenössisch
Österreich-Ungarn (Habsburgermonarchie)
Datierung
16.02.1909
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,2 x 17,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 42705
Zitiervorlage
Taussig, Franz an Haeckel, Ernst; Wien; 16.02.1909; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_42705