Ernst Haeckel an Wilhelm Bölsche, Jena, 16. November 1916
Jena 16.11.16.
Lieber Freund!
Dein Besuch am nächsten Sonntag (19.) a ist mir sehr willkommen! Bitte richte Dich doch so ein, daß Du den ganzen Sonntag und Montag hier bleiben kannst. Du kannst ganz gut bei mir in Villa Medusa wohnen, in dem bescheidenen Logierstübchen meines Sohnes; und zu essen (Kartoffeln!) kannst Du auch genug bekommen, trotz der „Aushungerung“ durch die satanischen Engländer! Meine Enkelin ist seit 8 Tagen wieder bei ihren Eltern in Leipzig; sie hat sich am 22.9. (an ihrem 22. Geburtstage) mit einem Ingenieur (26 J. alt) verlobt, dem Sohn des Leipziger Chemikers, Rudolf Hantzsch (jetzt als Artillerie-Leutnant im Felde). Wahrscheinlich wird am 21.12., wo die Eltern ihre silberne Hochzeit feiern, ihre „Kriegstrau-ung“ sein. ||
b Sonntag Abend wird hier Prof. Joh. Walther (der Geologe in Halle) einen Vortrag über die Goldfelder in West Australien halten, gewiß sehr interessant! (Er war im Aug. 1914 bei Kriegsausbruch bei der British Associat. in Sidney und Melbourne.) Wir können Beide zusammen ihn anhören. Auch sonst habe ich Vieles und Wichtiges mit Dir zu besprechen! Ich vermute, daß dieser Winter mein letzter sein wird!
Also „Auf frohes Wiedersehen“! (Sonntag Vormittag), hoffentlich auf 2 Tage!
Treulichst Dein alter
Ernst Haeckel.
a gestr.: (18); b gestr.: Samstag