Ernst Haeckel an Wilhelm Bölsche, Jena, 13. Juni 1907
Jena 13.6.1907.
Lieber Freund!
Als ich auf der Durchreise nach Stockholm und Upsala, zur Linné-Feier, am 18. Mai, einen Tag in Berlin war, hatte ich die Absicht, Dich in Friedrichshagen zu besuchen; hörte aber, dass Du bereits nach Schlesien abgereist seiest. Ich hatte einen sehr unruhigen Sommer, durch den Bau meines Phyletischen Museums (mit vielen Schwierigkeiten!) – durch die weitreichenden Folgen des 50. jähr. Doctor Jubilaeums und der glänzend verlaufenen Linné-Feier etc. Ein Erholungs-Monat an der Riviera levante (April) war durch das winterliche Frühlingswetter getrübt. Im August u. Septemb. hoffe ich 6 Wochen Sommerfrische in Tyrol zu geniessen. Mit der Gesundheit kann ich jetzta im Ganzen recht zufrieden sein; aber das schwache Herz wird wohl einmal plötzlich streicken! –
Solltest Du auf Deiner Herbstreise Thüringen berühren, so versäume nicht uns zu besuchen! Über die Volksausgabe Deines vortrefflichen „Lebensbildes“ und deren Erfolg habe ich mich sehr gefreut.
Hoffentlich geht es Dir und Deiner l. Familie recht gut!
Mit besten Grüssen
Dein alter
Ernst Haeckel.
a eingef. mit Einfügungszeichen: jetzt