Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Wilhelm Bölsche, Jena, 6. Juni 1901

Herrn Wilhelm Bölsche.

Jena 6.6.1901.

Lieber Freund!

Zu meiner großen Überraschung erfahre ich durch Ihren Freund Wille, daß Sie sich in Schlesien angesiedelt haben. Ich wünsche Ihnen zu diesem Entschlusse von Herzen Glück und hoffe, daß das herrliche Leben in der freien schönen Natur ebenso dem Gedeihen Ihrer lieben Familie, wie der reichen litterarischen Production Ihres Geistes zu Statten kommen wird. Von dieser letzteren fand ich neue überraschende Beweise bei meiner Rückkehr aus Indien hier vor, für die ich Ihnen meinen herzlichsten Dank abstatte. || Den II. Theil Ihres ausgezeichneten „Liebesleben in der Natur“ habe ich in der Pfingstwoche mit besonderem Vergnügen gelesen, ebenso die „Goethe und Jahrhundert-Rede“. In das Buch „Hinter der Weltstadt“ habe ich erst flüchtig hineingeguckt. Meine Zeit ist jetzt überaus besetzt. Ich fand hier über 300 Briefe und noch mehr Drucksachen vor, als ich Anfang Mai heimkehrte. Dazu habe ich 36 Kisten voll indischer Sammlungen auszupacken. Die dreiwöchentliche Cur in Baden-B. (Gymnastik und Dampfbäder) ist mir sehr gut bekommen; ich kann wieder drei Stunden in unseren Bergen steigen. Den Sommer über werde ich größtentheils hier bleiben, es giebt sehr viel Arbeit. Durch die Aquarelle von Java und Sumatra (160 an Zahl) bin ich wieder tüchtig in die Malerei hinein gerathen.

Mit herzlichen Grüßen u. besten Wünschen für Sie und Ihre liebe Frau

Ihr alter Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
06.06.1901
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Unbekannt
ID
42207