Ernst Haeckel an Wilhelm Bölsche, Jena, 17. März 1900
Jena 17.3.1900.
Lieber Herr Bölsche!
Heute habe ich von Herrn Reissner das fertige „Lebensbild“ erhalten, welches Sie in so freundlicher Stimmung von mir entworfen haben.
Ich wiederhole Ihnen meinen herzlichsten Dank für die liebenswürdige und gründliche Art, in der sie meine „Vivisection“ ausgeführt haben (– trotz des Chloroform-Mangels ohne alle schmerzlichen Gefühle! –). ich hoffe, daß Ihre Arbeit nicht nur mir, sondern auch unserer guten Sache sehr nützlich sein wird. ||
Bei Herrn Reissner habe ich heute eine größere Zahl von Exemplaren des Lebensbildes bestellt, die ich an meine näheren Freunde und Correspondenten verschenken will.
Es würde mir eine Freude sein, Ihnen – soweit noch möglich! – diejenigen meiner Schriften zu verehren, die Sie noch nicht besitzen (eventuell auch die größeren Monographien partio!). Bitte nur Ihre Wünsche unverhohlen zu äußern. || Bitte auch anzugeben, welche Schriften von mir Sie noch dort haben?
Der Kampf um die bösen „Welträthsel“ dauert noch munter fort, und die „frommen Christen“ schleppen täglich mehr Holzscheite herbei für den Scheiterhaufen, auf dem der „Antichrist“ aus reiner „Bruderliebe“ verbrannt werden soll. Inzwischen erscheint jetzt die IV. Aufl. (8.–10. Tausend) unverändert – (einige Druckfehler sind jetzt verbessert). ||
Wir haben 4 schlimme Wochen hinter uns; die hier grassierende tückische Influenza hatte sämtliche Bewohner meines Hauses befallen; ich gehe erst seit einigen Tagen wieder aus.
Hoffentlich geht es Ihnen und Ihrer lieben Frau, sowie Ihrem prächtigen Jungen recht gut!
Mit freundlichsten Grüßen – auch an B. Wille, Gebr. Hart etc –
treulichst Ihr alter
Ernst Haeckel