Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Wilhelm Bölsche, Jena, 9. Mai 1899

Jena 9. Mai 1899.

Lieber Herr Bölsche!

Das Telegramm, welches mir heute Mittag das plötzliche Ableben meines lieben kleinen Pathchens meldete, hat mich mit tiefer Trauer und herzlicher Theilnahme erfüllt. Ich drücke Ihnen und Ihrer lieben Frau bei diesem schweren Verluste in aufrichtigstem Mitgefühl die Freundeshand. Als ich vor 12 Tagen bei Ihnen den schönen frohen Frühlingstag verlebte, erfreute ich mich noch so an dem munteren Wesen Ihres kleinen Lieblings und knüpfte daran die schönsten Hoffnungen! Nun ist das Alles jäh vernichtet! Wie grausam ist des Schicksals Wechsel! ||

Schon vor einigen Tagen wollte ich Ihnen schreiben und meinen herzlichsten Dank für Ihre freundschaftliche Aufnahme am 27. April wiederholen. Aber eine Masse dringender Arbeit die ich hier vorfand und die auch heute nach der ersten Woche des Sommer-Semesters noch nicht bewältigt ist, ließ mich nicht zum Schreiben kommen. Ich muß mich auch heute kurz fassen, und spreche nun noch die Hoffnung aus, daß im Juni (– in der schönsten Zeit unseres Saalthals –) Ihre beabsichtigte Thüringer Reise dazu beitragen wird, Ihren schweren Kummer zu lindern. Ihrer lieben Frau bitte ich noch ganz besonders meine innige Theilnahme auszusprechen.

Mit besten Grüßen

Ihr treuer

Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
09.05.1899
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Unbekannt
ID
42184