Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Willy Kükenthal, Jena, 28. Februar 1905

ZOOLOGISCHES INSTITUT

DER UNIVERSITÄT JENA.

Jena 28.2.1905.

Lieber Freund und Ritter-Professor!

Für Ihren freundlichen Glückwunsch zum 71. Geburtstage sage ich Ihnen meinen besten Dank, und ganz besonders für das prächtige Geschenk, das Sie unserem Zoologischen Museum mit der schönen Büste Ihres Gorilla gemacht haben. Es ist uns um so wertvoller, als ich in diesen Tagen endlich (nach vielen Mühen!) ein Gorilla Skelet, und zwar von einem riesigen Männchen (44 Ctm Brustbreite und Humerus-Länge) erworben habe, allerdings teuer; 2000 Mk (– dank der Ritter-Stiftung!). ||

Nachdem ich mit den „Lebenswundern“ (von denen jetzt 12000 abgesetzt sind) mein letztes biologisches Werk publicirt habe, widme ich mich der Ordnung meiner Tausende von Briefen, Papieren, Sammlungs Objecten etc. Sollte ich noch einige Jahre (??) leben und schreiben, so würde ich sie der Abfassung meiner „Lebens-Erinnerungen“ widmen – als bescheidenen Beitrag zur Geschichte der Biologie im 19 Jahrhundert. Im Übrigen lebe ich jetzt ganz als Eremit, da fast alle älteren Bekannten gestorben oder weggezogen sind. ||

Vom geselligen Verkehr haben wir uns ganz zurückgezogen, da die Gesundheit meiner armen Frau immer schwankender wird (Herzleiden), und der Kummer über unsere jüngere Tochter (seit 2 Jahren in einem Nerven-Sanatorium) ihr alle Lebensfreude nimmt. Den beiden älteren Kindern (mit je 2 Töchterchen gesegnet) geht es gut. Walter wohnt jetzt als Landschaftsmaler in München. Für die bevorstehende Frühjahrs Reise an die Adria wünsche ich Ihnen und Ihren Kindern viel Vergnügen und guten Erfolg.

Mit besten Grüßen

Stets Ihr alter (bald fossiler)

Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
28.02.1905
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Museum für Naturkunde Berlin, Historische Bild- und Schriftgutsammlungen
Signatur
Bestand: Zool. Mus., Sign.: S II, Haeckel, H., Bl. 77r-78r
ID
41989