Ernst Haeckel an Margarethe Krupp, Jena, 17. März 1907

Jena 17.3.1907.

Hochverehrte Gnädige Frau!

Sie haben durch die hochherzige Gabe von 6000 Mk für unser neues Phylogenetisches Museum dessen Entwickelung wesentlich gefördert. Ich statte Ihnen hierfür, ebenso wie für die freundlichen Glückwünsche zu meinem 50jährigen Doktor-Jubiläum meinen aufrichtigen Dank ab.

Indem ich Sie bitte mich auch ihren beiden hochgeschätzten Töchtern bestens zu empfehlen, bleibe ich in vorzüglicher Verehrung

Ihr dankbar ergebener

Ernst Haeckel.

An Frau | Geheimen Rätin | Margarete Krupp | Excellenz | Essen a/R.

[Beilage]

Jena, 12. März 1907.

Aus Anlass meines goldenen Doktor-Jubiläums sind mir am 7. März d. J. überaus zahlreiche Glückwünsche und Beweise freundlicher Teilnahme von nah und fern zugegangen. Da ich zu meinem Bedauern nicht allen einzelnen Gebern und Gönnern persönlich meinen herzlichen Dank abstatten kann, bitte ich dieselben, ihn in diesen Zeilen entgegenzunehmen.

Als ich vor 50 Jahren in Berlin zum Dr. med. pomoviert wurde und bald darauf das Medizinische Staatsexamen ablegte, konnte niemand die erstaunlichen Fortschritte ahnen, welche die biologischen Wissenschaften in dem nächstfolgenden halben Jahrhundert machen sollten, vor allem durch den siegreichen Einfluss des natürlichen Entwicklungs-Gedankens. Dass es auch mir vergönnt war, an dessen wissenschaftlicher Begründung und allgemeiner Verbreitung mit meinen besten Kräften mich zu beteiligen, betrachte ich jetzt als den erfreulichsten Teil meiner langen und kampfreichen Lebensarbeit. Den zahlreichen Freunden und Schülern, welche mich dabei wirksam unterstützt haben, gebührt noch mein besonderer Dank.

Da in vielen mir jetzt zugegangenen Zuschriften auch des neuen, im Beginne dieses Jahres begründeten „Phyletischen Museums in Jena" teilnehmend gedacht wird, füge ich hier noch die Mitteilung an, dass dessen Bau — in unmittelbarer Nähe des jetzigen Zoologischen Institutes — demnächst be-||ginnen wird und im Laufe dieses Jahres vollendet werden soll. Als eigenartiges „Museum für Entwickelungslehre" soll dieses „Phylogenetische Institut" — eine „Phyletische Schausammlung" — den weitesten Bildungskreisen durch zweckmässige Schaustellung von Naturalien, Bildern und Präparaten die bedeutungsvollen Tatsachen der natürlichen Entwickelung — vor allem der Stammesgeschichte oder Phylogenie — vor Augen führen; diese geben nach meiner Ueberzeugung die sichersten Grundlagen für eine einheitliche, im besten Sinne monistische Weltanschauung. Die vernunftgemässe Religion, die daraus entspringt, beruht auf der harmonischen Verbindung von Kunst und Wissenschaft; ihr soll als Tempel unser Phyletisches Museum in Jena dienen.

ERNST HAECKEL.

Brief Metadaten

ID
41916
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Zielort
Zielland
Deutsches Reich
Datierung
17.03.1907
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
1
Umfang Blätter
1
Besitzende Institution
Historisches Archiv Krupp, Essen
Signatur
FAH III D 159
Beilagen
gedrucktes Schreiben Haeckels anlässlich seines 50jährigen Doktorjubiläums, Jena, 12.03.1907 (2 S.)
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Krupp, Margarethe; Jena; 17.03.1907; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_41916