Engelmann, Theodor Wilhelm

Theodor Wilhelm Engelmann an Ernst Haeckel, Utrecht, 25. Dezember 1888

Utrecht 1. Weihnachtstag 1888.

Lieber und guter Freund!

Eben bringt die Post mir Dein herrliches Siphonophorenwerk als höchst erfreuliche Festgabe. Für solches Geschenk habe ich nicht einmal eine diomedische Gegengabe, nur Dank und Freude und einigen Stolz, daß Du in diesem Falle meiner || gedacht. Ich habe immer ein gelindes Grauen vor der Morphologie der Siphonophoren gehabt und im Stillen den bewundert der einmal hier onto- u. phylogenetisch Licht bringen würde. Daß Dich diese wunderbaren Geschöpfe reizen und – finden mußten, den phylogenetischen Zoologen der in seiner Tektologie so schön u. klar die Relativität der Begriffe Individuum, Person, Organ dargelegt, und den Künstler, der die schwierig-||sten Formverhältnisse zu erfassen und treu und schön wiederzugeben versteht, das war so natürlich wie erfreulich. Zur Beendigung dieses großen Werks mögen alle Betheiligten sich, der Wissenschaft und obenan Dir gratuliren. Ich werde College Hubrecht bitten, daß er uns auf unseren (wie Euer Jenaischer eingerichteter) Referirabend ausführlich darüber, u. besonders über Deine Medusentheorie, berichtet. Das für Ruge bestimmte Exemplar soll schleunigst besorgt werden. ||

Nicht ohne Wehmut ruft mir Dein schönes Geschenk die begleitenden Freundesworte die Erinnerung an unser theures Jena wach. Wenn ich es nicht bereuen kann in Utrecht geblieben zu sein, so darf u. werde ich es doch immer beklagen, daß mir der Wunsch – an einer Stelle mit Dir – zu leben u. zu wirken nicht in Erfüllung gehen konnte. Meine Frau, die Dich herzlich grüßen läßt, fühlt darin ganz wie ich. Sie wird das wohl selbst noch sagen, sobald die Weihnachtstage vorbei sind.

In treuer Verehrung

Dein Th. W. Engelmann.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
25.12.1888
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4180
ID
4180