Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Margarethe Krupp, Jena, 16. Juni 1904

Zoologisches Institut

der Universität Jena.

Jena | 16. Juni 1904.

Hochverehrte Frau Geheimerätin!

Nachdem die letzten Hefte (10.11.) meiner „Kunstformen der Natur“ kürzlich vollendet worden sind, erlaube ich mir, Ihnen ein vollständiges Exemplar des Werkes beifolgend ergebenst zu überreichen. Ich bedaure schmerzlich, daß Ihr verewigter Herr Gemahl, der sich ganz besonders dafür interessirte, sich an seiner Vollendung nicht erfreuen konnte. Hoffentlich ist das Werk auch Ihren beiden, für Naturkunde und Naturschönheit so lebhaft interessirten Fräulein Töchtern willkommen. ||

Die Vollendung des von Ihrem Herrn Gemahl begründeten „Zoologischen Lexicon“ schreitet leider langsam fort, da Herr Professor Ziegler durch mehrere dringende Arbeiten in Anspruch genommen ist. Herr Heinrich Schmidt weilt seit 2 Monaten in Zürich, um daselbst Ende Juli als Dr. phil. zu promoviren. Ich hatte ihn im letzten Winter, wo ich mit meiner Frau von October bis April an der Riviera verweilte, als meinen Privat-Sekretär hier in Jena angestellt. Er hat meine umfangreiche Correspondenz sehr gewissenhaft und umsichtig erledigt. ||

Herr H. Schmidt hat seinen Lehrerberuf ganz aufgegeben, um sich der naturwissenschaftlichen litterarischen Tätigkeit zu widmen. Da er ohne Vermögen und Familienvater ist, habe ich ihm das Bedenkliche dieses wichtigen Schrittes vorgestellt. Andererseits ist er so fleißig und talentvoll, daß ich auf eine erfolgreiche Zukunft hoffe und ihn unterstütze. Falls Ew. Exzellenz in Ihrem Unterstützungs-Fonds einige Mittel zur Förderung wissenschaftlicher Arbeiten disponibel haben, würden sie bei Herrn Schmidt gewiß gut angelegt sein. Seine Adresse in Zürich ist: Gloria-Str. 76. ||

Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich bei meinem Besuche auf dem Hügel Ihren Fräulein Töchtern versprochen, ihnen später eine meiner Arbeiten zur Förderung ihrer Natur-Studien zu senden; ich erinnere mich aber nicht mehr: Welcher? Daher erlaube ich mir, den „Kunstformen“ ein Exemplar des „Monismus“ beizulegen, auf dessen Umschlag Sie eine Liste meiner Schriften finden; Sie können daraus beliebig wählen, die meisten Werke hatte ich Ihrem Herrn Gemahl bereits geschickt.

Mit hochachtungsvollem Gruße in aufrichtiger Verehrung

Ihr dankbar ergebener

Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
16.06.1904
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Historisches Archiv Krupp, Essen
Signatur
FAH III D 159
ID
41732