Jena
10. Januar 1889.
Lieber alter Freund!
Um die vielen werthvollen Producte Deiner fleißigen Feder, durch deren Zusendung Du mich oft erfreut hast, wenigstens mit einer kleinen Gegengabe zu erwidern, sende ich beifolgend einige Tafeln von Medusen und Siphonophoren, deren reizende blumenähnliche Formen hoffentlich Dein ästhetisches Auge erfreuen werden. – ||
Gern hätte ich Dir sowohl, als auch Deinem Zoologischen Collegen Ludwig, ein Exemplar der Challenger-Reports über Medusen und Siphonophoren, aus denen die Tafeln entnommen sind, gesandt. Allein die Zahl der disponiblen Exemplare reichte nicht aus. Das zweite Exemplar der Siphonophoren, das beiliegt, bitte ich meinem alten Lehrer und Freunde O. Gandtner, Eurem jetzigen Curator, mit meinen herzlichen Grüßen zu überbringen.
Die Phaeodarien an Ludwig. ||
Hoffentlich geht es Dir und Deiner lieben Familie wieder gut. Wir können im Ganzen nicht klagen. Doch ist leider meine arme Frau viel kränklich. – Mein Sohn (20 Jahre) wird Maler u. ist seit Ostern auf der Kunstschule in Weimar. Meine ältere Tochter (18 Jahre) genießt ihre ersten Bälle mit großer Heiterkeit. Die kleinere (15. Jahre) kommt auch bald aus der Schule. So vergeht die Zeit! Das Pigment meiner Haare hat sich auch schon ziemlich verflüchtigt! ||
Hoffentlich besuchst Du uns im nächsten Sommer und bewunderst die Weltstadt Neu-Jena ( – mit 4 Bahnhöfen! Ihr habt in Bonn nur einen! – ) Alte Collegen wirst Du freilich wenig mehr finden ( – außer dem ewigen Detmer!) Auch der alte Dietrich ist kürzlich ins Paradies gewandert! – Du wirst wohl nächstens nach München übersiedeln?
Mit herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus
Dein treuer alter
Ernst Haeckel.
