Vollert, Max

Max Vollert an Ernst Haeckel, 27. Juli 1909

Der Kurator

der | Großherzogl. und Herzogl. | S. Gesamt-Universität

Jena

Jena, den 27.VII.09.

Hochverehrte Exzellenz!

Herr Professor Plate, dem ich den Entwurf der Niederschrift über die Verhandlung am 21. dieses Monats mitgeteilt hatte, hat dazu einige Abänderungsanträge gestellt.

Der wichtigste ist, daß Ziffer 2 entweder eine andere Fassung erhalten oder ganz gestrichen werden soll. Ich glaube, daß unbedenklich auf den ersteren Wunsch eingegangen werden kann. Das ganze Schriftstück bleibt ja doch in meinen Akten und ich kann Ihnen, wenn nötig, bezeugen, daß Professor Plate ungefähr das erklärt hat, was ich niedergeschrieben hatte.

Weiter ist in Ziffer 1 Abs. 6 eine Frist „August und September“ vorgesehen und am Schluß des Abs. 6 ein den Verhandlungen allerdings wohl entsprechender Zusatz gemacht. Alles andere ist nebensächlich.

Ich habe die Niederschrift umschreiben lassen und übersende sie Eurer Exzellenz mit der Bitte, sie behufs endgültiger Herbeiführung einer Verständigung und des lieben Friedens willen zu unterzeichnen und dann an mich zurückgelangen zu lassen. ||

Euer Exzellenz Wunsch entsprechend füge ich eine Abschrift der von Ihnen aufgesetzten Punktation bei.

In bekannter Verehrung

Vollert.

[Beilage: Protokoll des Vergleichs zwischen Ernst Haeckel und Ludwig Plate, die Beilegung ihres Kompetenzkonflikts hinsichtlich des Phyletischen Museums betreffend, Jena, 21. Juli 1909]

Jena, den 21. Juli 1909.

Die Verhandlung, zu welcher

Seine Exzellenz Herr Wirklicher Geheimer Rat Professor Dr. Haeckel und

Herr Professor Dr. Plate

hier behufs Beilegung der zwischen ihnen bestehenden Streitpunkte durch den Universitätskurator Staatsrat Dr. Vollert eingeladen waren, hatte folgendes Ergebnis.

1.

Exzellenz Haeckel legte dar, dass er am 3. Mai 1884 aus Anlass der Feier des 25jährigen Bestehens des Zoologischen Instituts diesem seine gesamte zoologische Bibliothek geschenkt und ihm auch später alle ihm – Exzellenz Haeckel – zugegangenen Werke, (Bücher, Broschüren, Atlanten usw.) überwiesen habe;

dass er sich mit Rücksicht hierauf und auf die Sonderstellung, die er der Universität Jena gegenüber einnehme, für ermächtigt gehalten habe, Bücher, die auf Kosten des Zoologischen Instituts oder der Ritterstiftung angeschafft worden seien, zum Tauschverkehr zu verwenden, oder auch Förderer des Zoologischen Instituts oder des Phyletischen Museums, insbesondere solche, welche grössere Geldsummen, wertvolle Veröffentlichungen oder Sammlungsgegenstände gestiftet hätten, oder zu stiften beabsichtigten, zu verschenken.

So sei es möglich, dass ein Teil der von Herrn Professor Dr. Plate verzeichneten, auf Kosten des Zoologischen Instituts oder der Ritterstiftung angeschafften Bücher fehle. Einige der in dem Verzeichnis aufgeführten Werke seien übrigens in dem Zoologischen Institut noch vorhanden und werden nur besonders aufbewahrt.

Der Wert der verschenkten Bücher komme den Vorteilen gegenüber, welche auf diese Weise dem Zoologischen Institut und dem Phyletischen Museum verschafft worden seien, nicht entfernt || in Betracht.

Exzellenz Haeckel wird die wenigen in seiner Privatwohnung befindlichen Bücher, welche Eigentum des zoologischen Instituts sind, diesem in Kürze zurückgeben.

Er giebt weiter den Plan, eine besondere phyletische Bibliothek im Phyletischen Museum zusammenzustellen, auf und wird sobald er Zeit zu findet, über alle im Phyletischen Museum befindlichen Bücher Bestimmung treffen. Die wenigen Bestände, welche für das Zoologische Institut von Interesse sind, wird er dem Institut zuteilen. Einen anderen Teil, hinsichtlich dessen dies nicht der Fall ist – es handelt sich in der Hauptsache um Werke philosophischen Inhalts – wird er der Universitätsbibliothek überweisen.

Wegen der Lieferungswerke, welche noch nicht abgeschlossen sind, soll ein Übereinkommen über die etwaige Fortführung getroffen werden.

Herr Professor Dr. Plate erklärte sich durch diese Auskünfte unter der Voraussetzung für befriedigt, dass die Regierungen der Erhalterstaaten Exzellenz Haeckel wegen der bisherigen Verwaltung des Zoologischen Instituts und des Phyletischen Museums Entlastung erteilen und ihm in dieser Beziehung von jeder Verantwortlichkeit befreien.

2.

Exzellenz Haeckel und Herr Professor Plate nehmen die Vorwürfe, die sie gegenseitig erhoben haben, zurück.

3.

Exzellenz Haeckel behält sich nach wie vor die Einrichtung und Verwaltung des „Phyletischen Archivs“ vor, d.h. derjenigen drei Räume, welche im ersten Stockwerk des Phyletischen Museums gelegen sind und von denen das erste zu einem Gedenksaal, das zweite zu einem Bildersaal ausgestaltet werden, das dritte Ar-||beitszimmer bleiben soll.

Er spricht den Wunsch und die Erwartung aus, dass diese drei Zimmer auch nach seinem Tode in der Anordnung verbleiben, die er ihnen geben wird.

Von einer Überwachung durch seine Angehörigen will er abgesehen wissen. Die Überwachung soll vielmehr dem jeweiligen Universitätskurator zustehen, welcher sich des sachverständigen Beirats des jeweiligen Ordinarius der Anatomie bedienen soll. Den Herrn Geheimen Hofrat Professor Dr. Maurer wird Exzellenz Haeckel wegen der Einzelheiten, soweit nötig, unterrichten.

Exzellenz Haeckel bittet die Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen Staatsministerien, auch ihrerseits die Erfüllung seines Wunsches zu gewährleisten.

Im übrigen überlässt Exzellenz Haeckel Herrn Professor Dr. Plate die vollkommen selbständige Einrichtung und Verwaltung des Phyletischen Museums, abgesehen immer von den vorgedachten drei Räumen.

Exzellenz Haeckel überlässt Herrn Professor Dr. Plate auch die Verfügung über den zur Einrichtung des Phyletischen Museums ausgeworfenen Betrag von 45 000 M und über den Abwurf des Unterhaltungsfonds.

Es besteht Einverständnis darüber, dass die Donatorentafeln in ihrer jetzigen Anordnung verbleiben, sowie weiter darüber, dass auch in Zukunft die Namen von Gönnern des phyletischen Museums, welche diesem Spenden im Werte von 10 000 M und mehr zuweisen, auf diesen Tafeln Aufnahme finden.

4.

Exzellenz Haeckel wird in einer der hiesigen Zeitungen eine Aufforderung erlassen, dass Rechnungen über Arbeiten und Lieferungen für das Phyletische Museum aus der Zeit bis 1. April d. J. binnen zwei Wochen an ihn abgegeben werden. ||

5.

Herr Professor Dr. Plate erklärt sich damit einverstanden, dass der Gelehrte Schmidt hier gemäß des von dem Donator Knaupp bei seiner Spende gestellten Vorbehalts aus dem Abwurf dieser Spende für die fünf Jahre 1909 bis 1913 ein Stipendium von jährlich 500 M erhält.

6.

Exzellenz Haeckel wird Herrn Professor Dr. Plate die Akten des zoologischen Instituts und des phyletischen Museums, soweit sie in seinem Besitz sind, ausantworten und in bezug auf die Sammlungen und das Arbeitsmaterial des zoologischen Instituts jede gewünschte Auskunft mündlich erteilen.

7.

Exzellenz Haeckel und Professor Plate erklären hierdurch die zwischen ihnen entstandenen Streitigkeiten für ausgeglichen und unterschreiben zum Zeichen dessen diese Niederschrift.

Prof. Dr. Ernst Haeckel. Prof. L. Plate.

Staatsrat Dr. Vollert.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
27.07.1909
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Universitätsarchiv Jena
Signatur
C 641b, Bl. 113r-114v
ID
41509