Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Max Vollert, München, 20. Juni 1909

München 20. Juni 1909.

Hochverehrter Herr Staatsrat!

Für ihr gütiges Schreiben vom 16.6., das gestern hier in meine Hände gelangte, sage ich Ihnen meinen verbindlichsten Dank, ebenso – und ganz besonders – für die wohlwollenden Bemühungen, die bedauerlichen Gegensätze vermittelnd auszugleichen, welche zwischen mir und meinem Amtsnachfolger, Herrn Professor Plate, in den letzten Monaten sich zunehmend entwickelt haben. Leider muß ich fürchten, daß diese versöhnlichen Bemühungen keinen Erfolg haben werden. || Denn Herr Prof. Plate fährt fort, mich fortdauernd in der gehässigsten Weise zu verfolgen, in der offenkundigen Absicht, sowohl meinen persönlichen Charakter, als meine bisherige (– 48 Jahre bestandene –) Amtsführung in das schlechteste Licht zu stellen.

In der letzten Woche habe ich mit drei meiner besten und ehrenhaftesten früheren Schüler, welche die Verhältnisse genau kennen, mit Prof. Arnold Lang in Zürich, mit Prof. Richard Hertwig und Prof. Richard Semon hier in München, die ganze bedauerliche Verwicklung eingehend besprochen.

Alle drei Collegen verurteilten das empörende Vorgehen von Plate aufs Schärfste und sind der Ansicht, daß ich jede weitere Berührung mit ihm möglichst vermeiden solle. Von dem Protest, welchen Pr. Plate bei Ihnen gegen meine Schenkungs-Urkunde eingereicht hat, bitte ich Sie eine Abschrift in meine Wohnung zu senden. Ende dieser Woche (spätestens 26.6.) kehre ich nach Jena zurück. Dann wollen wir alles Weitere mündlich besprechen.

In vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebenster

Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
20.06.1909
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Universitätsarchiv Jena
Signatur
C 641a, Bl. 60r-61r
ID
41495