Ludwig Plate an Ernst Haeckel, Jena, 28. Juni 1909
Zoologisches Institut
und Phyletisches Museum
der Universität Jena.
Jena, den 27/6 1909
Hochgeehrter Herr Geheimrat!
Aus dem soeben durch Pohle überbrachten Schreiben ersehe ich, dass Sie wieder hier sind und hoffe, dass Sie sich recht erholt haben. In diesem Schreiben sind verschiedene Irrtümer, Ich habe z. B. den Protest nicht zurückgezogen, habe kein einziges Buch aus Ihrer Bibliothek entfernt u. s. f.a und deshalb möchte ich Sie bitten mir eine persönliche Unterredung an einem der nächsten Nachmittage zu gewähren, wobei Sie versichert sein können, dass von meiner Seite nichts geschehen wird um Sie zu erregen, weil ich Ihr Bedürfnis nach Ruhe völlig begreife. Ich meine, es sollte doch möglich sein, durch eine ruhige sachliche Aussprache die bestehenden Differenzen aus der Welt zu schaffen. Gelingt dies nicht, so bin ich entschlossen, alles zu tun, um Jena baldmöglichst || wieder zu verlassen, und da gegenwärtig hierzu Möglichkeiten vorliegen, so möchte ich diese nicht verstreichen lassen.
Ich bin bis jetzt in sehr verschiedenen Stellungen und Ämtern gewesen und habe – abgesehen von gewissen Differenzen, die ich früher vorübergehend mit J. G. Schulze hatte – immer in völliger Harmonie und bestem Einvernehmen mit meiner Umgebungb gelebt, weil ich es mit allen meinen Pflichten und Versprechungen peinlich genau nehme. Sie sind der erste Mensch, mit dem ich in einen schweren persönlichen Konflikt gerate, weil die mir gemachten Versprechungen nicht eingehalten sind, wie ich Ihnen an der Hand Ihrer eigenen Briefe beweisen werde, und gelingt es nicht, diesen Konflikt zu beseitigen, so räume ich hier || das Feld und überlasse die Reorganisation des Instituts und die Einrichtung des phyletischen Museums irgendeinem andern, sobald mir nur irgendwie annehmbare Bedingungen geboten werden.
Eine persönliche Aussprache erscheint mir daher dringend nötig.
Hochachtungsvoll
L. Plate.
a eingef. mit Einfügungszeichen: Ich habe … entfernt u. s. f.; b eingef.: mit meiner Umgebung