Plate, Ludwig

Ludwig Plate an Ernst Haeckel, Jena, 8. Juni 1909

Zoologisches Institut

und Phyletisches Museum

der Universität Jena.

Jena, den 8/6 1909

Hochgeehrter Herr Professor!

Bezüglich der Bibliothek habe ich beim Universitätsbibliothekar mich erkundigt: ihm ist nichts davon bekannt und er bestreitet, dass die in unserer Bibliothek fehlenden Bücher von ihm oder seinen Angestellten katalogisirt worden sind. Es sind nur aus unserm Zettelkatalog einige Zettel abgeschrieben worden. Tatsache ist, dass sehr viele auf Institutskosten angeschaffte Bücher in unserer Bibliothek fehlen a und auch nicht katalogisirt sind. Ich habe die Rechnungen rückwärts bis 1890 durchgesehen und abgeschrieben und bin erstaunt, wie vieles bei uns fehlt. Nach Ihrer Rückkehr bitte ich unverzüglich alle diese aus Staatsmitteln angeschafften Bücher zurückzuliefern, || damit sie katalogisirt und der Allgemeinheit zugängig gemacht werden. Dies gilt auch für alle jene Bücher, in die Sie Ihren Namen geschrieben haben, obwohl sie aus Institutsmitteln bezahlt worden sind (nebenbei gesagt, ein durchaus tadelnswertes Verfahren, denn seinen Namen schreibt man nur in Privateigentum).

Meine Anschuldigung, dass Sie falsches Spiel mit mir getrieben haben, halteb ich vollständig aufrecht, denn mündlich und schriftlich hatten wir ausgemacht, dass

1) ich Direktor des phyletischen Museums sein solle

2) Sie nur die persönliche „Benutzung“ jener 3 Räume beanspruchten.

Trotzdem gab es einen schweren einstündigen Redekampf, für mich eine furchtbare Enttäuschung, nachdem ich mir in Berlin die grösste Mühe bezüglich der „Ehrengabe“ gegeben und selbst 1200 M geopfert hatte,c wobei es sogar zur Beschimpfung meiner Person kam, weil Sie mir das Directorat nicht || zubilligen wollten und erst nachträglich haben Sie in diesem Punkt nachgegeben.

Punkt 2) besteht hingegen noch jetzt als Differenz, denn in der Schenkungsurkunde vom 4. Mai steht ausdrücklich, dass Ihren Angehörigen über Ihren Tod hinaus Rechte zustehen sollen. Hiergegen habe ich in einer heute dem Kurator übersandten Erklärung protestirt mit dem Bemerken dass

„ich diese über den Tod von Exc. Haeckel hinausgehenden Bestimmungen der Schenkungsurkunde nicht als rechtsgültig und für mich und meine Nachfolger bindend ansehen kann.“

Ich werde diesbezüglich noch an GeheimRat Meyer und Ihren Herrn Sohn schreiben.

Ihnen gute Erholung wünschend

hochachtungsvoll

L. Plate.

a gestr.: Ein Teil steht ohne; b korr. aus: erhalte; c eingef. mit Einfügungszeichen: für mich … geopfert hatte

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
08.06.1909
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 41488
ID
41488