Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Wilhelm Breitenbach, Jena, 28. Juni 1914

Jena 28.6.14.a

Lieber Herr Doktor!

Vom zweiten Hefte der „Monistischen Bausteine“ bitte ich mir 30 Exemplare zu schicken; außerdem 10 Einbanddecken (– für beide Hefte zusammen –).

– Die definitive Regelung der Aufgabe des Phyletischen Archivs befriedigt mich sehr. Dadurch daß es der Universitäts-Bibliothek angegliedert wird und in deren Neubau 2 Zimmer erhält, auch Dr. Heinrich Schmidt als Archivar eine halbamtliche Stellung erhält (– besoldet aus den Zinsen der E. H. Stiftung –) wird der Plan, dasselbe zu einem allgemeinen „Archiv für Entwickelungslehre“ zu erweitern, gefördert; die 30.000 Mk welche der D. Monistenbund (– als die Hälfte der Sammlung: „E. H. Schatz für Monismus“ –) dafür gespendet hat, sind daher ein willkommener Zuschuß. || Von den 3 Zimmern, welche ich mir im Phyletischen Museum vor 5 Jahren vorbehalten hatte (– für das Archiv! –) und welche mein rücksichtsloser Amtsnachfolger Prof. Plate mir seitdem stets streitig gemacht hatte, bleibt bloß das größte (– „Gedenksaal“, mit den Bildern, Büsten, Kunstwerken etc. – dem Museum b in der jetzigen Anordnung erhalten und wird der Schausammlung angegliedert. Die beiden kleineren („Bibliothek und Arbeitszimmer“) werden Plate überlassen, ihr Inhalt nebst Mobiliar Ostern 1916 in die 2 Räume der Univ.Bibliothek (nach deren Herrichtung) übergeführt. –

Die brutale Art, in welcher Plate als „Alleinherrscher“ alle Kollegen vor den Kopf stößt, hat sich jetzt wieder in dem Kampf um die Besetzung der „Ritter-Professur“ gezeigt, der noch nicht abgeschlossen ist. ||

– Mich selbst gehen diese widerwärtigen akademischen Streitigkeiten glücklicherweise nichts mehr an; ich habe mich von allen Geschäften zurückgezogen u. bin dazu schon durch die Abnahme meiner Gesundheit (Herzleiden und Arterien-Verkalkung) genötigt. Auch die literarische Arbeit habe ich nun aufgegeben. Falls ich noch einige Zeit arbeitsfähig bleibe (was sehr zweifelhaft ist!) werde ich sie meinen (schon lange begonnenen, aber sehr langsam fortschreitenden) „Lebens-Erinnerungen“ widmen. Ich kann daher auch zu meinem Bedauern den Wunsch von Prof. Kocks nicht erfüllen, eine Einleitung zu seinem neuen Buch zu schreiben.

Mit freundlichen Grüßen

stets Ihr alter

Ernst Haeckel.

a korr. aus: 28.2.14.; b gestr.: überlassen

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
28.06.1914
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Archiv des Helmholtz-Gymnasiums Bielefeld
ID
41147