Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Wilhelm Breitenbach, Jena, 14. April 1914

Jena 14.4.14.

Lieber Herr Doktor!

Beifolgend erhalten Sie die Korrektur des Bogen 1. von Heft 2. der „Monistischen Bausteine“. Warum sind die beiden letzten Seite (10, 11) so eng gesetzt, ohne Durchfluß? Bitte mir von dem umgebrochenen, definitiv geordneten Satze noch eine Korrektur zu schicken; falls am Schlusse der einzelnen Stücke noch ¼ oder ½ Seite frei sind, könnte ich eventuell noch einige Zeilen zusetzen.

Ihr Vorschlag „Mitteilungen aus dem Phyletischen Archiv in Jena“ (– in zwanglosen Heften –) zu publizieren, kommt unseren eigenen Plänen entgegen. Nur ist die Ausführung gegenwärtig noch zu früh. || Das ist auch die Ansicht von Dr. Heinrich Schmidt, dessen Mitarbeit (– als provisorischer „Archivar“ –) zunächst in Betracht käme. Er ist in den letzten Jahren im Phyletischen Archiv sehr fleißig gewesen und hat dessen reichhaltiges (zum Teil sehr wertvolles und originales) Material teilweise geordnet. Für die nächste Zeit ist er durch seine größere Arbeit („Geschichte der Entwicklungslehre“) voll beschäftigt.

In der Entwicklung des „Phyletischen Archivs“ ist neuerdings eine sehr erfreuliche Wendung eingetreten. Die Regierung hat, meinem Wunsch entsprechend, beschlossen, in dem noch bevorstehenden Umbau der Universitäts-Bibliothek demselben 2 besondere Räume zu überlassen, 1 größeren (für 6 große Schränke, Regale u.s.w.) und 1 kleinen (Arbeitszimmer für Archivar und Benutzer). ||

Das Phyletische Archiv geht damit in den vollen Besitz der Universitäts-Bibliothek über und ist unter dem Schutze von dessen Direktion. Vielleicht wird es möglich sein, mit der Zeit die Stelle eines Archivars offiziell festzulegen und (– wenn auch nur mäßig –) zu besolden. Eventuell könnte sich damit das wünschenswerte „Zentral-Archiv für Entwickelungslehre“ allmählich ausbilden.

Die Installation im Neubau der Univ. Bibliothek kann erst in 2 Jahren, nach dessen Vollendung, stattfinden. –

Von den 3 Räumen, welche ich 1907 im Phyletischen Museum reserviert hatte, bleibt nur der große („Gedenksaal“, mit den Bildern, Kunstwerken, Denkmälern etc) dem Archiv vorbehalten und wird nach meinem Tode dem Publicum (– zugleich mit der Schausammlung –) geöffnet. || Die 2 anderen Räume (– Bibliotheks- und Arbeitszimmer – die ich leider seit 5 Jahren, seit dem Rücktritt von der Direktion – niemals habe benutzen können!! –) bleiben der Disposition meines Amtsnachfolgers, Prof. Plate überlassen.

Dieser verharrt unbeirrt in seiner feindseligen Haltung und wird deßhalb von allen Kollegen boykottirt. Er ist (– um den Actionen des 80. Geburtstages zu entgehen! –) im August 1913 nach Ceylon gereist und erst vorige Woche zurückgekehrt. Ich stehe seit drei Jahren außer allem Verkehr mit ihm (– obgleich ich alle mir geschenkten Bücher, Broschüren etc, nach wie vor, an die Bibliothek des Zoologischen Instituts abgebe. –). Plate hat mir in diesen 5 Jahren seiner Direction nicht eine einzige Zeile der Entschuldigung für sein unglaubliches Verhalten geschrieben, auch den 80. Geburtstag völlig ignoriert! – (– „Dank vom Hause Österreich“ –) – „Ende gut, Alles gut“! „Schwamm drüber“!! –

Mit besten Grüßen

Ihr alter Ernst Haeckel.

(– Ich arbeite noch mehrere Monate nur an Dankbriefen- 1600 Postsendungen!!! –)

a Text weiter am linken Seitenrand von S. 2: (– Ich arbeite … Postsendungen!!! –)

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
14.04.1914
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Archiv des Helmholtz-Gymnasiums Bielefeld
ID
41146