Friedenau-Berlin d. 12.V.07 | Saarstraße 15.
Hochgeehrter Herr Professor!
Geistesturnier.
Wie einst zu der alten Ritterzeit
Man den, der nicht anerkannte:
„Die Schönste alhie ist des anderen Maid!“
Alsbald mit der Lanze berannte,
So stießen zusammen zwei Ritter von Geist
Und zogen auch hurtig vom Leder,
Da – irrig die Lehre des anderen heißt,
die rechte die eigne – ein jeder.
Die Schwerter, sie blitzten und gaben Klang,
Es sprühten und flogen die Funken,
Bis endlich der eine den anderen bezwang,
Der matt war zur Erde gesunken – ||
Doch bald sich erhebt, zu den Freunden dann eilt,
Zeigt öffentlich dort seine Wunden,
Klagt an, was für Hiebe ihm ausgeteilt
Der, den er als Meister gefunden:
„Wenn jener – daß er es nicht wird er tut! –
Nicht wird gewaltsam gehindert,
Erleiden wir Schaden an sittlichem Gut,
Wird Zucht bald und Ordnung gemindert.“ –
Es rötet die Scham eines jeden Gesicht
Und läßt ihn vor Unmut erbeben,
daß so ein Mann der Wissenschaft ficht
Grad den, der ihr weihte sein Leben.
In Hochachtung und Verehrung
Dr. Hermann Davidsohn.