Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Wilhelm Breitenbach, Jena, 14. Mai 1906

Zoologisches Institut der

Universität Jena.

Jena 14.5.1906.

Lieber Herr Doctor!

Durch den beklagenswerten jähen Tod des trefflichen Dr. Kalthoff (am 11.5.) ist die Praesidenten-Frage unseres deutschen Monistenbundes dringend geworden. Ich hatte schon am 10.5. an Prof. August Forel (Chigny bei Morges), den ich für die geeignetste Persönlichkeit halte, die Bitte gerichtet, eventuell das Amt des activen Praesidenten zu übernehmen, habe aber noch keine Antwort. Ich halte es für wichtig, daß auch Sie – als Geschäftsleiter des Bundes, und im Namen des Ausschusses, die dringende Bitte an Prof. Forel richten, das Amt zu übernehmen, und dabei betonen, daß er mit zeitraubenden Geschichten und Schreibereien verschont werden soll; dafür muß jetzt Dr. H. Schmidt eintreten. || Ich gedenke noch in dieser Woche für die erste „Mitteilung“ unseres Monistenbundes einen Artikel von circa 4 kl. Octav-Seiten zu schreiben: „Das Praesidium des Monistenbundes“, worin ich Kalthoffs Verdienste hervorhebe und seine Wahl zum ersten Präsidenten rechtfertige.

Sodann will ich (im Laufe von 3–4 Wochen) die erste Flugschrift, ca. 2½–3 Druckbogen, schreiben: „Monismus und Christentum“; da Dr. Türck in seinem letzten Vortrage (– am 9. Mai Abends, als wir auf dem Forst waren! –) mich als jämmerlichen „Pfuscher“!!

an den Pranger gestellt hat, muß ich die „liberale“ Theologie einmal bengalisch beleuchten.||

Es ist nun sehr wichtig, daß Sie sich wegen Druck und Verlag unserer Flugschriften bald mit der Franckhschen Verlagshandlung in Stuttgart in Einvernehmen setzen. Ich hatte am 10.5. an W. Keller geschrieben, daß wir wünschen, der „Kosmos“ (die Franckhsche Handlg) übernehme den Verlag und Vertrieb, Sie dagegen den Druck der Schriften.

Als allgemeiner Titel (links) ist eine kurze Bezeichnung in 2 Worten wichtig, etwa: „Monistische Blätter“, Sammlung von Flugschriften des Deutschen Monistenbundes“. Gern würde ich nicht bloß als nomineller „Ehrenpräsident“, sondern als tüchtiger und energischer activer Praesident wirken. || Aber leider geht es mit meiner Gesundheit und Arbeitskraft zu Ende. Schon die geringen Anstrengungen am 8. und 9. Mai haben mich so mitgenommen, daß ich 3 Tage nicht schlafen konnte und das elende Herz rebellirte.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr E. Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
14.05.1906
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Archiv des Helmholtz-Gymnasiums Bielefeld
ID
41055