Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Walter de Gruyter, Jena, 10. Februar 1906

Jena 10. Februar 1906.

Hochgeehrter Herr Doctor!

Für Ihre freundschaftliche Erklärung betreffend unseren „Monistenbund“ danke ich Ihnen aufrichtig. Ich begreife vollkommen Ihre Bedenken, demselben beizutreten, zumal sie in gleicher Weise oder aus ähnlichen Gründen von vielen meiner nächsten Freunde und Collegen geteilt werden. Ob die Gründung des „Monistenbundes“ wirklich zeitgemäß war, und ob sie dauernd gute Früchte trägt, kann nur der Erfolg lehren. Jedenfalls beweisen die täglich (hundertweise!) erfolgenden Beitritts-Erklärungen, daß in weiten gebildeten Kreisen das lebhafte Bedürfniß nach einer solchen Organisation besteht. Vedremo! ||

Die Correcturen der „Prinzipien der Generellen Morphologie“ sind nun glücklich beendet und die Herausgabe erfolgt wohl in einigen Wochen. Beim wiederholten Lesen der Correcturbogen habe ich wieder die Überzeugung befestigt, daß die Auferstehung dieses „verschollenen“ Hauptwerkes meiner Arbeitsziele – nach 40 Jahren! – wirklich zeitgemäß ist und auf Erfolg hoffen darf. Viele Gedanken, die darin zum ersten Male Ausdruck fanden, betreffen noch heute offene Fragen. Alle meine späteren generellen Arbeiten, insbesondere die „Natürliche Schöpfungsgeschichte“ sind aus jenem Hauptwerk hervorgegangen. ||

Das Honorar bitte ich für mein Konto (– offenes Depot –) an die Reichshauptbank in Berlin (Kontor für Wertpapiere) zu überweisen.

Wie denken Sie über den Umschlag? Falls Sie denselben nicht für Anzeigen ihres Verlags verwerten wollen, würde ich die 3 leeren Seiten desselben (ähnlich wie bei der „Natürlichen Schöpfungsgeschichte) gern für Anzeigen eines Teiles meiner Schriften benutzen und Ihnen dann das Manuscript dafür in den nächsten Tagen schicken. Den besten Teil derselben würden ohnehin meine bei Ihnen verlegten Schriften bilden.

Die Versendung der Frei-Exemplare haben Sie wohl die Güte zum Teil direct zu besorgen? ||

Mit meiner Gesundheit geht es nur langsam vorwärts. Schlaf und Nervenkraft lassen noch Viel zu wünschen übrig; doch gehe ich täglich Mittags ein Stündchen spazieren. Ich tröste mich mit dem Gefühl, meine eigentliche Lebensaufgabe (entsprechend meinen schwachen Kräften) im Ganzen gelöst zu haben.

Hoffentlich sind Sie mit ihrer Gesundheit dauernd zufrieden!

Mit freundlichen Grüßen

Ihr treu ergebener

Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
10.02.1906
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Staatsbibliothek Berlin PK, Verlagsarchiv Walter de Gruyter
Signatur
M 7704 Dep. 42, R 2, Haeckel, Ernst, Bl. 49r-50v
ID
40621