Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Georg Reimer, Jena, 13. Januar 1873

Jena 13 Januar 73

Lieber Georg!

Deinen freundlichen Glückwunsch zum neuen Jahre erwidere ich mit gleich herzlichen Glückwünschen für Dich und Deine Familie. Es freut mich, daß das Halsübel, an dem Du zu leiden hattest, ganz gehoben ist; hoffentlich erfreust Du Dich in diesem Jahre mit den Deinigen vollkommener Gesundheit.

Wegen des Druckes der V. Aufl. der „Natürlichen Schöpfungsgeschichte“ habe ich mit Frommann gesprochen. Er ist bereit, denselben sogleich zu beginnen und läßt Dich bitten, ihm das Papier zu schicken. Der Druck wird, wie früher etwa ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Mit Ausnahme mancher Verbesserungen im Einzelnen werde ich wenig zu ändern haben. Die Tafeln bleiben dieselben. Doch wird das Titelblatt der IV. Auflage || als Tafel XVI in den Text kommen. Als Titelblatt zur V. Aufl. will ich „Das Portrait des Verfassers“ geben, wozu ich schon oft aufgefordert worden bin. Nachdem nun neulich die „Gartenlaube“ ein schreckenerregendes Conterfey von mir gebracht hat, erscheint es um so angemessener, der V. Aufl. einen guten Kupferstich oder Stahlstich vorzusetzen; ich werde dann auch die endlosen Bitten meiner unbekannten Verehrer um Zusendung von Photographien los werden. Ich besitze eine recht gute Photographie im Visiten Karten-Format, welche ich vergrößern zu lassen beabsichtige und Dir dann zuschicken werde, um sie in Kupfer oder Stahl stechen zu lassen.

Tafel V, VI, XV, XVI kann, wie bisher, Giltsch hier drucken. Soll er auch Tafel XIV machen (oder Schütze? Mir ist es gleich!). Die übrigen Tafeln sind wohl noch druckfähig. ||

Daß die V. Aufl. wieder in 2500 Exemplaren gedruckt wird, ist mir recht. Was das Honorar betrifft, so scheint mir – in Anbetracht des raschen Absatzes der starken IV. Aufl. und der dadurch erzielten Vortheile – eine angemessene Erhöhung billig zu sein.

Gegenwärtig bin ich mit dem Drucke einer „Entwicklungsgeschichte des Menschen“ beschäftigt, welche ich an Engelmann gegeben habe, weil er die dazu erforderlichen Holzschnitte (mehrere Hundert) zum größten Theile bereits fertig besitzt (in Werken seines Verlags von Kölliker, Meyer, Frey, Stricker et.); die neuea Anfertigung derselben würde mehrere Jahre erfordert haben. Auch hatte mich Engelmann schon seit Jahren dringend gebeten, ihm irgend ein Buch in Verlag zu geben, und als er mich im Herbste hier besuchte und von dem Manuscripte der „Entwicklungsgeschichte“ hörte, diese Bitte durch ein Honorar von 1500 rℓ unterstützt. ||

Das Buch ist zum größten Theile embryologischen Inhalts, eine specielle Ausführung der im XII. und XXII. Vortrage der Schöpfungsgeschichte angedeuteten Thatsachen, und da ich mich im Übrigen stets auf letztere beziehen, wird es auch ihrem Absatze zu Gute kommen.

Im nächsten Winter denke ich endlich an das Manuscript des „Grundrisses der Zoologie“ zu gehen, mit dessen Abfassung ich mich seit 10 Jahren trage. Wenn Du Lust hast, das Buch in Verlag zu nehmen, steht es Dir natürlich in erster Linie zu Diensten.

Meine Familie hat das neue Jahr, wie ich selbst, gesund und munter angetreten. Walter und Lisbeth sind zwei sehr wilde und übermüthige Kinder, voll possirlicher Einfälle, die uns vielen Spaß machen. Die kleine Emma, die uns im December manche Noth gemacht hatte, ist zwar noch sehr zart, aber sonst recht munter. Agnes läßt Dich und die Deinigen herzlichst grüßen, nicht minder in alter Freundschaft

Dein

Ernst Haeckel

a eingef.: neue

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
13.01.1874
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Staatsbibliothek Berlin PK, Verlagsarchiv Walter de Gruyter
Signatur
M 7704 Dep. 42, R1, Haeckel, Ernst, Bl. 77r-78v
ID
40556