Ernst Haeckel an Julius Rodenberg, Jena, 30. Juli 1881
Jena 30 Juli 81.
Hochgeehrter Herr Doctor!
Für die freundliche Mittheilung der anbei zurückfolgenden „7 Welträthsel“ sage ich Ihnen besten Dank. Dieselben waren mir bereits aus den „Monatsberichten“ der Berl. Akad. bekannt. Ich pflege auf derartige Angriffe, die es ja alljährlich regnet, in der Regel nicht zu antworten.
Indessen ist doch vielleicht in diesem Falle die beifolgende „Entgegnung“ angebracht, und ich mache von Ihrem freundlichen Anerbieten, sie in der October-Nummer zum Abdruck zu bringen, Gebrauch. ||
Nach der Rückkehr von meiner Reise hoffe ich bald zu einer längst beabsichtigten gründlichen Beleuchtung des Phrasen-Gebäudesa von du Bois zu gelangen; leider wurde dieselbe immer durch wichtigere Arbeiten verzögert.
Vielleicht interssirt es Sie zu erfahren, daß mir zu Ostern d. J. meine Freunde in der Berliner Akademie das disponible Stipendium der „Humboldt-Stiftung“ im Betrage von 10,000 Mark bestimmt zugesichert hatten. ||
In den heftigen, darüber (im Mai und Juni) stattgehabten Debatten der Akademie hat Herr du Bois die mir feindliche Minorität in eine schwache Majorität verwandelt und es durchgesetzt, daß mir jede Unterstützung rund abgeschlagen wurde. Da ich b auch anderweitige Unterstützung (– Weimar ist blutarm! –) nicht erlangen kann, bin ich leider gezwungen, die ganze kostspielige Reise mit meinen eigenen beschränkten Mitteln zu machen. Indessen werde ich den Humor, ebenso wiec auf früheren Reisen nicht verlieren, || auch wenn ich (wie gewöhnlich!)d in der Eisenbahn nur die dritte und auf dem Steamer nur die zweite Classe benutze, und wenn ich mir in Ceylon meinen „Curry and rice“ täglich selbst koche!
Ich werde wahrscheinlich am 24. September von hier abreisen (via Triest – Suez). Hoffentlich bleibt mir meine alte Freundin Minerva günstig gestimmt und ich kann Ihnen „Indische Briefe“ schreiben, welche der Wunderwelt, der ich entgegengehe, nicht unwürdig sind!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr ergebener
Ernst Haeckel
a korr. aus: Phrasen-Globus; b gestr.: leider; c eingef.: wie; d eingef.: (wie gewöhnlich!)