Ernst Haeckel an Konrad Deubler, Jena, 8. August 1874
Jena 8 August 74
Lieber Herr Deubler!
Sie müssen mir nicht böse sein, daß ich erst heute Ihren lieben letzten Brief beantworte. Ich bin aber seit 3 Monaten dergestalt mit Arbeit überhäuft gewesen, daß ich den ganzen Sommer kaum einen Spaziergang gemacht habe. Haufen von Briefen liegen noch unbeantwortet und von einigen hundert Büchern und Druckschriften, die ich in den letzten 3 Monaten erhalten, habe ich noch Nichts gelesen. || Auch das Buch „Über die Freiheit des menschlichen Willens“, über welches Sie mein Urtheil wünschen, habe ich noch nicht lesen können. Im Winter will ich das Alles nachholen.
In 14 Tagen ist die V. Aufl. meiner Schöpfungsgeschichte fertig, die ich Ihnen sofort senden werde. Auch erhalten Sie dann noch eine andere Arbeit, die mich den ganzen Sommer beschäftigt hat.
Meine Abreise wird sich noch etwas verzögern, theils weil ich noch Viel vorher fertig || zu machen habe, theils weil meine Frau erkrankt war und erst noch sich erholen muß. Doch hoffe ich Sie in der ersten oder zweiten Woche September auf einige Tage besuchen zu können, worauf ich mich außerordentlich freue. Hoffentlich treffe ich dann auch noch Herrn Dr. Grün bei Ihnen, den ich sehr gern kennen lernen möchte.
Bitte ihn inzwischen herzlichst zu grüßen. – Hoffentlich ist Ihr Fuß wieder ganz hergestellt! – Den Tag meiner Ankunft werde ich vorher melden, um Sie sicher zu treffen. Inzwischen herzlichste und freundschaftlichste Grüße. Ihr treu ergebener
E. Haeckel