Ernst Haeckel an Bartholomäus von Carneri, Jena, 20. Juli 1894
Jena 20. Juli 1894.
Lieber u. hochverehrter Freund!
Beifolgend übersende ich Ihnen 4 Exemplare meiner Festschrift, nebst Bild, zu beliebiger Verwendung für Sie und Ihre lieben Kinder (eventuell unsern Freundinnen Frau Marie Scholz-Stona und Eugenie Marie delle Grazie). – a Für den Bozi-„Rebellen“ nachträglich noch meinen herzlichsten Dank! ||
Mit herzlichstem Bedauern erfuhr ich aus Ihrem lieben Briefe, daß der „liebe Gott“ Sie wieder mit einer neuen Krankheit plagt, wie seinen „treuen Knecht Hiob“! – (Wahrscheinlich zur Strafe für Ihre monistischen Sünden!) Hoffentlich geht es bald besser, u. Sie geniessen eine schöne Sommerfrische bei Ihren lieben Kindern am Wörther See, auf dem herrlichen Vogelberg. Der vorjährige Besuch dort gehört zu meinen schönsten Erinnerungen! ||
Ich bin seit einer Woche auch mal wieder von meinem alten Rheumatismus geplagt. Im August hatte ich auf einen Alpen-Besuch gehofft, werde aber wohl wieder zur Cur nach Baden gehen müssen!
Im Übrigen geht es mir u. meiner Familie gut. Ich arbeite an einer größeren phylogenetischen Aufgabe.
Mit herzlichsten Grüßen u. besten Wünschen – auch für Ihre lieben Kinder –
Ihr treurer alter
Ernst Haeckel ||
P. S. Auch für Ihren Spinoza-Artikel meinen herzlichsten Dank! Ich bewundere immer die Frische, mit welcher Sie trotz Ihres Alters u. Ihrer Leiden in treuem Dienst des Lichtes u. der Wahrheit fortarbeiten! Mögen Sie noch lange mit Freude u. Erfolg fortwirken!
Das beifolgende Bild der „Affenmenschen-Familie“, das mir Gabriel Max zum 16. Februar verehrte, ist jetzt in München ausgestellt u. erregt die helle Wuth der Papisten!
a gestr.: Die Beilage nach Graz darf ich Sie wohl freundlichst bitten auf die Post zu geben.