Ernst Haeckel an Georg II., Herzog von Sachsen-Meiningen, Jena, 31. März 1909
Jena 31. März 1909.
Durchlauchtigster Herr Herzog!
Gestatten Ew. Hoheit, daß unter der großen Zahl von Glückwünschen, die Sie übermorgen zu Ihrem Geburtstage erfreuen werden, auch die herzliche Gratulation eines alten Praeceptor Emeritus aus Jena einen bescheidenen Platz findet. Von ganzem Herzen wünsche und hoffe ich, daß die seltene Frische und Lebenskraft, die Sie sich bis in Ihr hohes Alter bewahrt haben, auch in diesem und den folgenden Jahren unverändert fortbesteht, und daß Ihre Gesundheit Ihnen keinerlei Sorge macht. ||
Sehr gern hätte ich Ihnen meinen Glückwunsch persönlich überbracht; ich hatte gehofft, einige Frühlingswochen an der herrlichen Riviera zur Erholung zubringen zu können. Leider hat mir aber mein altes Leiden, der Gelenk-Rheumatismus wieder einen Querstrich gemacht. Er überfiel mich gleich nach der Rückkehr von Leipzig, wo ich meinen 75.sten Geburtstag am 16. Febr. bei meinen Kindern zugebracht hatte; 6 Wochen stecke ich nun schon im Zimmer; doch hoffe ich, nächste Woche endlich wieder an die Luft gehen zu können. ||
In dem huldvollen Briefe, durch den Ew. Hoheit mich zu jenem Gedenktag erfreuten, hatten Sie mir die freundliche Erfüllung meiner Bitte in Aussicht gestellt, daß Ihr talentvoller Herr Sohn, Prinz Ernst, das Porträt seines ausgezeichneten Vaters für unser Phyletisches Museum malen möchte, dessen innere Einrichtung jetzt beginnt. Indem ich Ihnen für diese Gunst meinen ganz besonderen Dank abstatte, kann ich die Versicherung hinzufügen, daß Ihr Bild in der Porträt-Gallerie des Museums unter dessen Förderern einen hervorragenden Platz einnehmen wird. ||
Morgen beginnt mit dem 1. April für unsere liebe Universität Jena ein neues Kapitel, indem unser hochverehrter Kurator, Exzellenz von Eggeling, nach 25jähriger hochverdienstlicher Tätigkeit, sein Amt als Pfleger der Alma Mater niederlegt. Auch der Senior der Medizinischen Facultät, Geh. Rat Wilhelm Müller, scheidet mit mir aus.
Meine letzte Rede (bei der Darwin-Feier, am 12.2.) sowie meinen Dank für Ihre gütigen Schreiben zum 75. Geburtstage, werden Sie und Ihre hochverehrte Frau Gemahlin wohl noch Ende Februar erhalten haben. Die Absendung wurde etwas verzögert, da ich mit mehr als 700 Postsendungen beglückt wurde!
Mit ehrerbietigsten Grüßen und besten Wünschen für Sie Beide
Ihr dankbar ergebener
Ernst Haeckel.