SVENSKA DAGBLADET
Stockholm, den 6. April 1915.
Klara Södra Kyrkogata 6
An Seine Excellenz den Professor Ernst Haeckel,
Jena.
Excellenz!
Welche Folgen wird der Krieg für die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kultur herbeiführen?
In welchem Masse wird es, nach dem einstigen Friedensschluss, auf Schwierigkeiten stossen, die Verbindungen wiederherzustellen, welche die Vertreter der Wissenschaften, der Literatur und der Künste zur Förderung geistiger Interessen geknüpft haben, die aber jetzt zerrissen sind auf Grund der Interessen- und Gefühlsgegensätze, die während des Krieges zu Tage getreten und verschärft worden sind?
Dies sind die Fragen, die sich allen geistigen Arbeitern in allen Ländern Europas aufdrängen. Mit besonderer Unruhe und Kümmernis machen sie sich doch in den neutralen Ländern geltend, wo natürlich die Sorge für das was trotz aller politischen Gegensätze für die europäische Kultur gemeinsam ist nicht aus vitalen nationalen Rücksichten in den Hintergrund zu treten braucht. Für Schweden, dem der stets heikel und unter diesen Umständen ausserordentlich schwierige Auftrag gestellt ist, die Nobelpreise an die Auserwählten der Wissenschaft und der Dichtkunst zu || verteilen, sind diese Fragen von ganz besonderer Aktualität.
Die Zeitung Svenska Dagbladet, die in der schwedischen Presse speziell mit den Angelegenheiten der wissenschaftlichen und literären Interessen betraut ist, hat es daher wünschenswert gefunden, zu versuchen durch eine Umfrage bei einer begrenzten Auswahl der hervorragendsten Autoritäten Europas auf dem Gebiete der kulturellen Arbeit in Erfahrung zu bringen
welche Stimmungen vorherrschen,
welche Wünsche gehegt werden und
welche Vorbehalte in Aussicht stehen,
alles in der Hoffnung, dass diese Aussprüche zu einer Klarlegung der Situation beitragen können. Dadurch würden auch Möglichkeiten geschaffen, zu beurteilen, was getan werden kann und muss, um eine Harmonie auf geistigem Gebiet aufrechtzuerhalten und wiederanzubahnen, die für unsere Kultur unentbehrlich ist und sein muss.
Wir wären Ihnen für eine baldgefällige Äusserung in diesen Fragen sehr verbunden, und stellen Ihnen anheim, dieselbe ganz nach Ihrem Ermessen zu gestalten. Die Antworten werden in der Reihenfolge, wie sie bei uns eintreffen, velöffentlicht werden.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Helmer Key
Chefredacteur des Svenska Dagbladet
