Ernst Haeckel an Arnold Dodel-Port, Jena, 9. Februar 1907
Zoologisches Institut
der Universität Jena.
Jena 9.2.1907
Hochgeehrter Freund und College!
Wie mir Herr Dr. Juliusburger schreibt, sind Sie nicht abgeneigt, daß active Praesidium des Deutschen Monistenbundes zu übernehmen. Das Opfer, das Sie damit unserer guten Sache bringen, würde mit Freuden zu begrüßen und von uns dankbar anzunehmen sein. Es ist durchaus notwendig, daß die Leitung des Bundes, seiner zweckmäßigen Organisation und lebendigen Tätigkeit in die Hand eines energischen und fachkundigen Mannes gelegt wird, der sowohl – wie Sie – specielle naturwissenschaftliche Durchbildung als auch allgemein philosophische Bildung besitzt. ||
Die bisherige active Leitung hat unter vielem Mißgeschick gelitten: erst der jähe Tod von Kalthoff, dann Mißhelligkeiten unter den Mitgliedern des provisorischen Vorstandes, die kürzlich wieder Dr. Aigner zum Rücktritt veranlaßten, u. drgl. mehr.
Ich selbst bin leider durch mein Alter und meine mangelhafte Gesundheit (– auch meinen großen Mangel an praktischen Talenten!) – verhindert, activ in die Geschäftsleitung des Bundes einzugreifen, und habe dies auch gleich erklärt, als mir das „Ehrenpraesidium“ (– während ich noch sehr krank war –) octroyirt wurde. ||
Später habe ich Sie selbst für das active Praesidium in Vorschlag gebracht; es wurde aber bezweifelt, daß Sie es übernehmen würden, nachdem Sie das Praesidium des Deutschen Freidenkerbundes niedergelegt hatten. Wenn die lebendige Action unseres Monistenbundes (in Vorträgen, Flugschriften, Petitionen an den Deutschen Reichstag etc) erst mehr sichtbar wird, werden sich hoffentlich auch noch viele Collegen demselben anschließen, die sich bis jetzt leider fern halten.
Mit besten Wünschen und freundlichen Grüßen – auch an Fräulein Hannah Dorsch
Ihr alter
Ernst Haeckel.