Zoologisches Institut
der Universität Jena.
Jena 17. Octbr 1906.
Hochverehrter Herr College und wertester Freund!
Sie haben mir durch die freundliche Übersendung Ihrer vortrefflich geschriebenen Broschüre eine große Freude bereitet, und ich beeile mich, Ihnen dafür meinen herzlichsten Dank zu sagen!
Ich hatte zwar gegen dieses verwegene Unterfangen – „Ernst Haeckel als Erzieher“ zu schildern – gleich anfangs entschieden protestirt. Da Sie sich aber dadurch nicht haben abschrecken lassen und zudem Ihre schwierige Aufgabe in so schöner Form gelöst haben, kann ich Ihnen doch nur dankbar sein. ||
Allerdings fürchte ich, daß Sie meine Person und meine Verdienste viel zu glänzend (in bengalischer Beleuchtung!) geschildert haben. Aber anderseits sorgen ja meine zahlreichen Gegner (– sowohl die frommen Kirchengläubigen, als die neiderfüllten Collegen –) reichlich dafür, daß meine vielen Fehler und Mißgriffe in noch helleres Licht gesetzt werden; – und so wird wohl am Ende die ausgleichende historische Gerechtigkeit dafür sorgen, daß in der Mitte zwischen Beiden ungefähr ein richtiges Bild übrig bleibt.
Meine Gesundheit, die im letzten Jahre recht mangelhaft war (Herz, Gelenk-Rheumatismus etc) hat sich im letzten Vierteljahr recht gebessert, wozu eine gelungene Bade-Cur Viel beigetragen hat. Meine Absicht, im Spätherbst noch in die Schweiz zu kommen und Ihnen im schönen Lugano einen Besuch abzustatten, habe ich leider doch nicht ausführen können.
Hoffentlich geht es Ihnen recht gut! Mit freundlichsten Grüßen an Sie und an Ihre treue Pflegerin
Ihr dankbar ergebener
Ernst Haeckel.
Verte! ||
P. S. Falls Ihnen von meinen Schriften Einige, die Sie noch nicht besitzen, erwünscht sind, werde ich Sie Ihnen gern senden.
E. H.