Daelen, Eduard

Eduard Daelen an Ernst Haeckel, Düsseldorf-Oberkassel, 2. August 1917

Düsseldorf-Oberkassel

Columbusstr. 20.

2. August 1917.

Hochverehrter Meister!

Nach langen Wochen und Monaten geduldigen Harrens erhalte ich eben das erste Exemplar meines neuesten Werks, das ich Ihnen widmete. Und so soll es denn auch das erste sein, das hinausgeht ins Freie und auf diesem Wege hoffentlich Ihren Beifall findet. Das würde mein schönster Lohn sein.

Und dann hätte ich noch eine Bitte. Sie werden die neue Zeitschrift „Kunst in Düsseldorf“ (auf meine Veranlassung hin) || erhalten haben. Wenn Sie die Güte hätten, für eine der nächsten Nummern dieses Unternehmens, das bestimmt ist, eine bedeutende Erweiterung für die Zukunft der Kunst zu gewinnen, uns einen schriftlichen Beitrag zukommen zu lassen, so würden Sie damit nicht nur mir persönlich eine besondere Freude bereiten, sondern auch für die Förderung der Kunst in Deutschland und die ihr zugewiesene Weltausgabe neuen unvermeßlichen schätzenswerten Vorwärtsschub beisteuern.

Mit ergebenem Gruß

herzlichst

Ihr

Eduard Daelen. ||

Der Abdruck Ihres Bildes ist in der Eile sehr mangelhaft und der [!] Original sehr wenig entsprechend ausgefallen. Das soll jedenfalls besser werden im weiteren. ||

[Beilage]

Ernst Haeckel.

O Hochgenuß hehrster Begeisterung,

Dir, Meister, ein Denkmal zu setzen!

Die edele Tugend der Dankbarkeit

Ist Göttern selbst höchstes Ergötzen.

Und was nicht alles verdanke ich dir!

Du hast mir im Eifer des Gebens

Die kostbarsten Schätze des Himmels geschenkt,

Erfüllung des sehnlichsten Strebens.

Was mich an Hohem von Jugend auf

In traumhafter Ahnung entzückte,

Du fügtest es ein meinem Lebenslauf,

So daß ichs voll Klarheit erblickte.

Du zeigtest den Weg mir, so sehnlichst gesucht,a

Als Führer zu froher Erkenntniß

Der Wahrheit goldig funkelnden Frucht

b In freier Gedanken Verständniß.

Du gabst mir den Schlüssel der Lebenskunst ||

Als leuchtendes Vorbild der Treue,

Ein ganzer Mann, ein echter zu sein,

Des Stolzes, des edelsten, Weihe.

Du legst als Erzieher im Busen mir

Die Keime zu reichster Vermehrung

Des rätselhaft Göttlichen ewiges Ziel

In glühendster, reinster Verehrung.

Du lehrtest durch unerschrockene Tat

Die mutigste Kühnheit zu üben

Und heute hat Deiner Lehre Saat

Die wertvollstenc Blüten getrieben.

Heut steht unser deutsches Vaterland

Der Wissenschaften und Künste

Die Führung zu übernehmen bereitd

Der ganzen Welt zum Gewinnste.

Ward jemalse gefeiert ein Weihnachtsfest

Mit fröhlichen Kindergesichtern

So strahlend wie durch die schöpfrische Kunst

Von Deinen Gaben und Lichtern? – ||

Wief herrlich hast Du Dein Werk geschmückt,

Als Krönung dem schönsten Gebäude,

In inniger Freudschaft Seelenband

Zu meiner herzlichsten Freude.

So hast Du mich überschüttet stets

Mit wunderbar seltnen Geschenken

Und immerfort muß ich Deiner jetzt

In rührendster Liebe gedenken.

O mögen nun auch noch die g Himmlischen mir,

Mit Göttergunst segnen die Hände,

Zu setzen ein würdiges Denkmal Dir

In Dankbarkeit ohne Ende!

a gestr.: mir den lichtvollen, den rechten; eingef.: den Weg mir, so sehnlichst gesucht,; b gestr.: In; c gestr.: lohnendsten; eingef.: wertvollsten; d gestr.: Nach schwersten Kämpfen als Sieger da; mit Bleistift eingef.: Die Führung zu übernehmen bereit; e gestr.: Wie wurde; eingef.: Ward jemals; f gestr.: Und; eingef.: Wie; g gestr.: Götter mir

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
02.08.1917
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 3989
ID
3989