Eduard Daelen an Ernst Haeckel, Düsseldorf, 29. Dezember 1916
Düsseldorf 29/12 16.
Sittardstr. 5.
Hochverehrter Meister!
Das jetzt zur Neige gehende Jahr birgt für mich einen so reichen Heiligenschatz froher Erinnerungen in dem Gedenken an die köstlichen Stunden, die ich in freundschaftlichem Umgang mit Ihnen verbringen durfte, daß ich es nicht vorübergehen lassen kann, ohne Ihnen nochmals meinen innigsten Dank für alle Ihre überaus große || Liebenswürdigkeit auszusprechen und Ihnen meine herzlichsten Glückwünsche für das neue Jahr darzubringen.
Mein Leben hat durch diesen Schatz einen neuen inneren Gehalt bekommen, der ihm und meiner Kunst einen bedeutend höheren Schwung verleiht, so daß ich hoffen darf, auch meine Leistungen im Dienste des Allgemeinwohls, dem ich meine Kräfte widme, in Zukunft noch steigern zu können.
Möge Ihnen noch ein recht langer, heiterer und segensreicher Lebensabend beschert werden, damit Sie edler Menschenfreund in leiblicher Gesundheit und geistiger Rüstigkeit noch manch herrliche Tat zum Heile der fortschreitenden Kultur und ihrer Befreiung von allena hemmenden Fesseln vollbringen können!
Dies wünscht Ihnen || mit viel herzlichen Grüßen
Ihr
ergebenster
Eduard Daelen.
Unendlichkeitslehre
Gäbs in des Weltalls Entwicklungsgang
Nur irgendwo eines Anfangs Klang
Und wäre er noch so unendlich klein
So müßte er doch zu markiren sein. ||
Geburt und Tod sind Anfang und Ende
Doch nur für des Augenblicks Wechselwende,
Sind nur der sichtbare Übergang
Bei dem unendlich ewigen Wandern
Von einem Zustand in den andern,
Sind nichts wie Bewegung, die wissender Geist
Ganz einfach „das ewige Leben“ heißt.
Das All ist ein endloses Wogen und Schwanken
Entwicklungsschwangerer Gedanken,
Als deren Urheber unbegrenzt
Das einzige denkende Ich erglänzt.
Der Grundsatz alles Wesens ist der,
– das leuchtet dem Seher der Wahrheit ein –
Ich bin auf der Welt von Ewigkeit her
Und werde es auch in Ewigkeit sein!
a korr. aus: allem