Deubler, Konrad

Konrad Deubler an Ernst Haeckel, Goisern, 4. Mai 1882

Dorf Goisern den 4 Mai 1882.

Lieber, hochverehrter Freund!

Mit vor Freude zitternden Händen schreibe ich diese Zeillen, denn ich habe so eben in der Zeitung die frohe Nachricht von Ihrer glücklichen Heimkehr von Ihrer grossen Reise gelessen, ich kann es als einer Ihrer Innigsten Verehrer unmöglich unterlassen, Ihnen aus weiter fernen von meiner einsamen Alpenhütte vom Primesberg ein Freudiges Wilkomen zu zu ruffen! Ich muß mit diesen schlecht geschriebenen Brieflein meiner grossen [Freude] Luft machen!

Also noch einmahl reiche ich Ihnen die Hände auf ein herzliches Wilkomen im deutschen Vaterlande!

Glauben Sie mir, das ausser Ihrer lieben Frau und Kindern, keinen Ihrer Freunde und tausenden Ihrer Verehrer Sie so mit Theilnahme und grossen Interesse, mit banger Sorge auf Ihrer gefährlichen Reise im Geiste begleitet hat.

Sie können sich so meine grosse Freude vorstellen, als ich von Berlin (ich weiß nicht vom) vermuthlich auf Ihre Anregung von der Redaktion „der deutschen Rundschau“ den ersten und zweiten Indischen Reisebrief durch die Post erhielt! Das war ein Jubel – ein Freudenfest auf den Primesberg!

Da aber den Zeitungsnachrichten zu folge noch mehrere || Briefe noch nachgefolgt sein solten, von denen ich keinen zu sehen bekomen konte, so werden Sie die Bitte eines alten Freundes nicht so Rücksichtsloß zudringlich und Auffalend finden, wenn ich Sie Ersuche mir nicht bösse zu werden, und mir nachträglich einmahl die nachgefolgten Reisebriefe mir noch zukomen zu lassen. Zudem glaube ich noch Immer, das Sie Ihr vorjähriges Versprechen gewiß im laufe diesses Sommers erfüllena werden, und meinen so Sehnlichen Wunsch, Sie bei uns in unserm so schönen Salzkamergut besuchen werden – einmal zur Wahrheit werden wird.

Vorige Woche habe ich auch von einen Ihrer Verehrer, durch Carneri von Wildhaus in Steiermarkt die Traurige Kunde fernomen, vom Tode des grossen Forschers Darwin. Auch Sie wird diese Nachricht von den Hinscheiden dieses Geistes-Riessen den Innigsten Antheil genomen haben!

Auch dieser große Lehrmeister hat der Sterblichkeit seinen Tribut bezahlt: Darwin tot! Es lebe der Darwinismus!

Dieser Verlust wird Ihnen selbstverständlich da Sie sein Freund und Gesinungsgenosse waren, sehr nahe gehen.

Darwin Todt! – mit 73 Jahren in die Grube gefahren, die Augen geschlossen, die Denkerstirn für || Ewigkeiten geglättet: ja er hätte uns bleiben sollen, nicht um weiter zu arbeiten; denn er hat genug gethan – zur solchen Arbeit sind Sie noch da, ist Arnold Dodel, Oscar Schmidt und mehrere andere da. Aber um das sichtbare Centrum seiner Schule, zu der mann in solch Reactionärer Zeit so gerne vertrauend und hoffend nebst Ihren lieben Freund hinaufgeschaut hat und weiterhin hätte hinaufschauen mögen. Jezt fält die ganze Rießenlast allein auf Ihre Schultern! Nur ein Trost bleibt wohl noch der Vorwärtsstrebenden Menschheit – das der „Erdgeist“ Göthes – der mit Darwin zu verschwinden drohte – in Ihnen wieder Auferstanden ist!

Darwin todt – Es lebe Häkel!

Während Ihrer Abwesenheit, hat sich selbstverständlich eine menge Arbeit für Sie aufgehäuft, und werden Sie keine Zeit für mich zum schreiben übrig haben, Aber um ein kleines zeichen, das Sie noch Ihres treuen Freundes gedenken – hoffe ich mir denoch! Leben Sie wohl Edler grosser Mann, und leben Sie glüklich, und schenken Sie mir auch in Zukunft Ihre für mich so kostbare Freundschaft!

Ihr treuer Freund

Konrad Deubler.

NB. Für Ihre liebe Frau habe ich ein kleines Andenken von unsern Alpen zum Grusse beigelegt.

a irrtüml.: Erfühlen

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
04.05.1882
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 3963
ID
3963