Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Friedrich von Hellwald, Jena, 16. Januar 1876

Jena, 16. Januar 76.

Hochverehrter Freund!

Für die freundliche Übersendung der beiden „Ausland“-Blätter betreffend „Ziele und Wege“, sowie die „Gasträa-Theorie“, meinen besten Dank. In Bezug auf letztere habe ich kürzlich die glänzendste Rechtfertigung durch Franz Eilert Schulze erhalten.

Ich bitte Sie die darauf objectiv bezügliche, beifolgende Notiz (welche rein sachlich gehalten ist) entweder in eine der nächsten Ausland-Nummern aufzunehmen oder Herrn Lüddecke (dessen Aufenthalt mir unbekannt) zu übersenden; derselbe wird gewiss um so lieber selbst seine bezügliche Mittheilung ergänzen; resp. berichtigen, als ja aus derselben hervorgeht, dass er ein aufrichtiger Freund der Entwickelungslehre ist. Glauben Sie nicht, dass ich dies aus Vorliebe für die Gasträa, mein Schosskind, wünsche, sondern in der ruhigen Überzeugung, dass mit der Gasträa-Theorie allerdings der feste Grundstein zur Stammesgeschichte der Thiere gelegt ist. Es geht das sowohl aus den zahlreichen Angriffen der Gegner, wie aus der ungewöhnlich lebhaften und warmen Anerkennung der Freunde hervor.

Es war übrigens ein höchst glücklicher Zufall, dass zu derselben Zeit, wo mein Freund (!) Oscar Schmidt in höchst leichtsinniger Weise auf seine ganz unvollständigen Beobachtungen hin, der Gasträa-Theorie einen wichtigen Eckstein zu entziehen suchte, derselbe durch einen ganz unpartheiischen und höchst zuverlässigen Beobachter (wie Professor Franz Eilert Schulze ist) endgültig befestigt wurde. Nicht minder freut es mich, dass meine neueste Arbeit (über die Gastrula und die Eifurchung) von den competentesten Beurtheilern einstimmig als die definitive empirische Begründung der Gasträa-Theorie anerkannt wird, die ich vor 4 Jahren noch sehr apriori concipirt hatte. Ich habe übrigens am Schlusse jenes Aufsatzes

bereits auf Franz Eilert Schulze’s Entdeckung hingewiesen.

Meine Schrift über „Arabische Korallen“ werden Sie hoffentlich richtig erhalten haben, ebenso wie meinen Brief auf Ihre freundliche Anfrage.

Mit den herzlichsten Grüssen

Ihr treu ergebener

Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Datierung
16.01.1876
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Unbekannt
Signatur
EHA Jena, A 39573
ID
39573