Ernst Haeckel an Friedrich von Hellwald, Jena, 1. Dezember 1874
Jena,1. Dezember 74.
Hochverehrter Freund!
Ihre Anfrage betreffs des Übersetzungs-Honorars beeile ich mich hiermit zu erwidern, obgleich ich in diesem Punkte keine glänzenden Erfahrungen gemacht habe. Von meiner Schöpfungsgeschichte sind bis jetzt sechs, von der Anthropogenie drei Übersetzungen unterwegs. Nur eine einzige, nämlich die französische Übersetzung, hat mir Honorar eingebracht, und zwar hat mir der Verleger derselben, Herr Reinwald in Paris, für jedes der beiden Bücher 500 Francs gezahlt.
Herr King in London hat mir für die englische Übersetzung 5 Procent des Reinertrags (!!) versprochen, was natürlich = 0 ist. Allen übrigen Übersetzern habe ich die Bewilligung gratis ertheilt, theils weil es befreundete Correspondenten waren, theils weil auf nur geringen Gewinn für den Herausgeber zu rechnen war (so z. B. bei der magyarischen, serbischen und spanischen Übersetzung). Auch lag mir mehr an der Verbreitung meiner Ansichten, als an dem - jedenfalls geringen - finanziellen Gewinn!
Übrigens behaupten meine hiesigen Freunde, dass ich in diesen, wie in allen finanziellen Actionen – (auch betreffs des Honorars der Originale) ein ) „Esel“ sei, und ich vermuthe, dass sie wirklich Recht haben. Wenigstens habe ich mit aller meiner Schriftstellerei es noch nicht dahin gebracht, dass ich allein davon leben könnte – geschweige denn meine Familie! Ich kann Ihnen also nur rathen, sich nicht nach meinem schlechten Beispiele zu richten!
Georg Reimer, der Verleger der „Natürlichen Schöpfungsgeschichte“ hat von keiner Übersetzung etwas erhalten. Hingegen hat Engelmann, der Verleger der „Anthropogenie“, für Überlassung der Holzschnitte, Cliches etc. von allen drei Übersetzungen eine Entschädigung erhalten – wie viel ist mir unbekannt!
Mit freundlichstem Gruss
Ihr treuergebener
Ernst Haeckel.