Ernst Haeckel an Agnes Haeckel und Familie in Potsdam, Suez, 28. März 1882

Suez 28 März 1882

Ihr theuren Lieben in Jena und Potsdam!

So eben bin ich glücklich und wohlbehalten hier in Suez angelangt, wie der Telegraph Euch bereits am heutigen Tage gemeldet haben wird. Die 18 tägige Fahrt von Colombo hierhera war tadellos schön, die angenehmste Seereise, die ich je gemacht habe; das Wetter stets sonnig und heiter, meist mit frischer Brise. Am Freitag 10. März Mittags fuhr ich nach herzlichstem Abschied von meinen Freunden an Bord der „Aglaja“, mit meinen 18 Koffern und Kisten! (52 habe ich von Galle direct geschickt.) Das Schiff ist ungefähr so groß wie der Helios, sehr gut, und ging ausgezeichnet gleichmäßig und ruhig da es sehr schwer und ganz voll geladen ist. ||

In der sehr hübschen und großen ersten Kajüte sind außer mir nur 3 deutsche Herren aus Calcutta: Kögler (Stuttgart), Schlegel (Coburg) und Schmid (Bremen). Der alte Capitain Markovich ist ein reizender humoristischer Kerl, die Liebenswürdigkeit selbst. Kurz wir hatten die angenehmste Gesellschaft und die 18 Tage verflossen sehr rasch. Ich benutzte sie, den III. Reisebrief für die „Deutsche Rundschau“ zu schreiben; ich schick ihn heute direct an Rodenberg.

Der indische Ocean war die ganze Zeit spiegelglatt. Die Nächte, die wir stets unter freiem Sternenhimmel auf Vordeck schliefen, überaus mild und herrlich; das rothe Meer, ganz gegen die Regel, kühl, bei Nord-Wind. ||

Montag 20. März Abend kamen wir in Aden an, fuhren jedoch gleich weiter, da ein Sanitäts-boot uns von fern meldete, daß wir wegen einer Epidemie (Cholera?) nicht landen dürften. –

Ich bin sehr froh, die vielen Gefahren und Strapatzen der Tropen-Reise nun glücklich hinter mir zu haben. Am 25. passirten wir den Wendekreis, den ich niemals wieder überschreiten werde!

Ich bringe die ganze Tropen Natur in meinem 200 Aquarellen mit, 150 allein von Ceylon, und die Hälfte etwa recht gelungen. Bis zuletzt erfreute ich mich der besten Gesundheit und bin sehr frisch. Nun sehne ich mich aber auch sehr nach Hause und führe am liebsten gleich mit dem Aglaja bis Triest! ||

Da aber noch 4 Wochen Ferien sind und ich vor 9 Jahren von Egypten so wenig gesehen, und fast Nichts gemalt habe, so will ich doch noch ein paar Wochen Hier aquarelliren, eventuell auch noch etwas sammeln; – umso mehr als ich durch die Tropen Hitze sehr verwöhnt bin und mich vor dem kalten April in Jena fürchte. Ich werde also erst ungefähr am 20. April wieder in Jena sein.

– Ich sehne mich sehr nach Nachricht von Euch Lieben und hoffe dieselben noch Heute Hier zu erhalten. Näheres nächster Tage von Cairo, wo ich im Hôtel du Nil Briefe erwarte.

Inzwischen innigste Grüße

von Eurem treuen Ernst.

Mittags. Eben Brief aus Jena erhalten. Alles wohl!b

a korr. aus: hier; b Nachtrag mit Bleistift von eigener Hand: Mittags…wohl!

Brief Metadaten

ID
39124
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Ägypten
Entstehungsland zeitgenössisch
Ägypten
Datierung
28.03.1882
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,3 x 24,7 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 39124
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Haeckel, Agnes; Haeckel, Charlotte; Suez; 28.03.1882; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_39124