Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Charlotte Haeckel, Jena, 29. Juni 1880

Jena 29 Juni 1880

Liebste beste Mutter!

Zu Deinem 82sten Geburtstag sende ich Dir von ganzem Herzen meine besten Glückwünsche. Mögest Du das neu anzutretende Lebensjahr in ununterbrochener Gesundheit verleben und Dich Deiner Kinder und Enkel erfreuen!

Hoffentlich sind die Jenenser Waldblumen, welche ich am vorigen Sonntag Nachmittag mit meiner munteren Lisbeth auf dem Forste sammelte und am Montag Morgen auf die Post gab, frisch und wohlbehalten in Potsdam angelangt. Die schönen Orchideen und die weißen Berglilien halten sich ein paar Wochen. ||

Leider weiß ich Dir diesmal Nichts Besonderes zum Geburtstage zu schicken. Du machst Dir ja aus dem „Plunder“ dieser Welt Nichts, ebenso wie ich! Die beifolgende letzte kleine Abhandlung über Medusen sollst Du nicht lesen! Ich schicke Dir sie bloß, damit Du siehst, daß ich wenigstens nicht faul bin.

– Da ich indessen gerade das Glück habe, das verwünschte Decanat zu führen, so rührt es Dich vielleicht, wenn ich Dich hiermit feierlich zum Doctor philosophiae promovire (– wenn auch nicht „im Auftrage der Facultät“! –) – vorausgesetzt, daß Du eine lateinische, von Dir selbst verfaßte Abhandlung drucken läßt! ||

An Frau Dr. phil. Charlotte Haeckel

geb. Sethe.

Geehrte Fraua Doctor!

Im Auftrage der hiesigen philosophischen Facultät theile ich Ihnen mit, dass dieselbe beschlossen hat, Sie auf Grund der musterhaftenb mütterlichen Liebe zu Ihren Söhnenc zum

Doctor philosophiae

zu promoviren. Das Diplom werden Sie erhalten, sobald Sie die erforderliche Anzahl von Druck- Exemplaren der Dissertation eingesendet haben.

Professor Dr. Ernst Haeckel,

d. Z. Decan der philosophischen Facultät.

Jena den 1. Juli 1880. ||

Wenn Alles gesund bleibt, (– Emma liegt seit gestern mit Catarrh zu Bett! –) denkt Agnes mit den Kindern am 10. auf 6 Tage zu Dir zu kommen.

Wenn irgend möglich, bringe ich sie hin und bleibe 2 Tage. Allein bei der Masse von Examina etc (– Juli ist der schlimmste Monat! –) kann ich es leider nicht bestimmt versprechen. – An unsere Lieben herzlichste Grüße!

Wie immer, mit innigem Gruß und Kuß, Dein treuer alter

Ernst.

a korr. aus: Geehrter Herr; b eingef.: musterhaften; c korr. aus: von Ihnen eingesandten Abhandlung

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
29.06.1880
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 38835
ID
38835