Ernst Haeckel an Charlotte Haeckel, Jena, 12. Oktober 1879
Jena 12 Oct 79
Liebste Mutter!
Herzlichsten Dank für Deine beiden lieben Briefe und die Geburtstags-Briefe für die Kinder; beide danken herzlich. Wir haben beide Geburtstage recht vergnügt gefeiert; ich wollte nur, Du hättest dabei sein können.
Alle 3 Kinder sind jetzt recht munter und auch recht brav. Lisbeth hat zu Michaelis im Examen eine ausgezeichnete Censur und auch Walter eine viel bessere als früher bekommen. Hoffentlich geht es so weiter. ||
Trotz des scheußlichen October-Wetters (fortwährend Sturm, Regen und Kälte) sind wir Alle recht wohl; auch Agnes ist endlich ihren Catarrh los. Marie Reimer war 14 Tage mit beiden Töchtern hier und Else wohnt bei uns. –
Der Schwiegermutter gehts mäßig.
– Ich stecke tief in der Arbeit und entdecke jeden Tag ein paar neue Medusen oder Radiolarien! Niemals habe ich ein so glänzendes und reiches Entdeckungs-Material in Arbeit gehabt; es ist ein wahrer Hochgenuß! ||
Bitte, schreibe mir, ob Tante Bertha ihren Geburtstag am 20. in Berlin oder Potsdam feiert. Ich dachte erst dazu hinzukommen. a Aber ich muß vor der Reise jedenfalls noch die erste Hälfte des Medusen-Systems beendigen, die schon in den nächsten Wochen ausgegeben werden soll. Wahrscheinlich werde ich damit erst in 10 – 12 Tagen fertig, und da ich am 26. zu Agnes Geburtstag natürlich hier sein muß, werde ich wohl erst am 27. oder 28. auf ein paar Tage zu Dir kommen. ||
Meine Vorlesungen werde ich wahrscheinlich erst am 3. November anfangen.
– Hoffentlich hast Du alle Unannehmlichkeiten des Umzugs glücklich hinter Dir, und befindest Dich in der neuen Wohnung recht wohl.
Grüße Carl und die Kinder herzlich!
Dein treuer Ernst.
P.S. Agnes wünscht sich zu ihrem Geburtstage ein paar Lampen. Ich will sie ihr in Berlin aussuchen. Wenn Du Lust hast und sonst Nichts b weißt, kannst Du ihr eine schenken.
a gestr.: Da; b gestr.: ha