Ernst Haeckel an Charlotte Haeckel, Jena, 7. April 1868
Jena 7 April 68
Liebste Mutter!
Herzlichsten Dank für Deinen lieben Brief. Wie gerne wäre ich jetzt wo Carl mit den Kindern bald bei Euch sein wird, ein paar Stunden a mit Euch im trauten Familienkreise. Ich werde aber gar nicht in den Oster-Ferien herauskommen; so Viel giebt es diesmal mit Manuscript und Correkturen zu thun. Am letzten Freitag dem ersten schönen Sonnentage seit langer Zeit, machte ich allein einen tüchtigen Marsch von etwa 5 Meilen in 8 Stunden. Da ich mich jedoch sehr leicht angezogen hatte und es Abends sehr kalt wurde, erkältete ich mich tüchtig, bekam am Sonnabend Abend heftiges Fieber und ein gewaltiges Zehngeschwür. Ich schwitzte tüchtig, blieb am Palmsonntag zu Bett und bin heute nach einer sehr guten Nacht wieder ganz munter. Das ist doch mit musterhafter Geschwindigkeit abgemacht! Ich merke aber doch, daß ich alt werde!! ||
Mein Frauchen hat mich vortrefflich gepflegt und behandelt. Glücklicher Weise ist sie jetzt selbst sehr munter und wir gehen voll Hoffnung der schönen Zukunft entgegen. Sie geht täglich spazieren und hat vortrefflichen Appetit. Deine Hemden sitzen jetzt sehr gut, nachdem Agnes den oberen Knopf nebst Knopfloch bedeutend herunter gesetzt hat.
Auf den Besuch von Louis Mulder und Frau freuen wir Beide uns sehr. Sie sollen sich nur gleich so einrichten, daß sie ordentlich bei uns bleiben.
Grüße Alle herzlichst von uns Beiden. Ich schließe damit der Brief auf die Post kommt.
Wie immer Dein
treuer Ernst.
a gestr.: bei