Jena 28. Januara 87.
Liebste Mutter!
Die letzten Wochen hatte ich so Viel mit dem letzten Abschluß des Challenger-Werkes zu thun (Correcturen, Sammlung) daß ich nicht zum Schreiben kam. Erst gestern ist der letzte Bogen nach Edinburgh abgegangen. Ich athme nach 10jähriger Arbeit (die letzten 4 Jahre ausschließlich!) auf und freue mich sehr auf meine schöne Orient-Reise!
Ich muß diese (da die syrische Linie des Lloyd nur alle 14 Tage Freitags geht, schon am 12. Februar antreten. || 3 Tage (vom 14. – 17.) bin ich in Triest, wo ich die Gläser, Kisten etc zu besorgen habe, und bei dem trefflichen alten Freunde, Heinrich Krauseneck (Senior) wohne (Villa Krauseneck)
– die Direction der Oesterr. Lloyd ist wieder äußerst liebenswürdig! Sie giebt mir Empfehlungen, Wechsel-Briefe und eine besondere Vergünstigung.
– Von der Ritter-Stiftung bekomme ich 2000 MK Reise-Stipendium, so daß ich die Reise fast umsonst machen werde. Am 18. Februar fahre ich von Triest ab, bin am 23. in Alexandrien, und am 28. in Beirut, wo ich zunächst bleibe. ||
Voraussichtlich wird die Reise ebenso angenehm als gefahrlos sein! Vom Großherzog habe ich einen besonderen Empfehlungs-Brief, ebenso vom Deutschen Botschafter in Constantinopel, Herrn v. Radowitz an die Consuln, und von der Pforte an die Paschas. Du kannst also ganz ruhig sein!
– Hier ist Alles wohl. In den letzten Wochen haben wir ausnehmend gesellig gelebt, auch 2 Gesellschaften selbst gegeben. Heinz war auch sehr munter. Er ist mit seiner Stellung sehr zufrieden, besonders mit dem Chef. ||
Meine Reise Effecten (Großer Koffer, Schlepp Netz und 2 Kisten) sind bereits nach Triest unterwegs. Hier habe ich 3 Wochen Urlaub und entgehe so dem schauderhaften Schluß des Winter Semesters und dem Dreck Monat März!
– Hoffentlich geht es Dir leidlich, liebstes Mutterchen; Grüße Carl, T. Bertha und alle Lieben herzlichst
Dein treuer Ernst
a von späterer Hand korr. aus: Febr