Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Charlotte Haeckel, Jena, 18. Juli 1870

Jena 18 Juli 70

Liebste Mutter!

Wenn auch nur in aller Eile und mit wenigen Worten, will ich Dir doch heute noch kurze Nachricht von uns geben und a Dir melden, daß wir alle drei gesund sind. Agnes und Walter genießen den Garten der Mutter recht. Ich selbst habe Viel auf dem Institut und im Museum zu thun.

Seit 8 Tagen ist natürlich auch bei uns Alles mit dem Krieg beschäftigt und einmüthige Begeisterung verbindet alle verschiedenen Partheien. Alle wünschen und hoffen wir von ganzem Herzen, daß die nichtswürdigen Franzosen gehörige Prügel bekommen und daß unser deutsches Vaterland einig und groß aus dem Kampfe hervorgehe. ||

Aus der beabsichtigten Reise ans Mittelmeer wird nun leider wohl Nichts mehr werden. Meine beiden Reisegefährten werden wohl als Freiwillige in die Armee treten und ich werde hübsch daheim bei Frau und Kind bleiben.

Unsere Studenten sind zur Hälfte schon fort, und bald wird es noch leerer werden. Mutter Emma mit Claerchen ist noch in Nauheim, wird aber wohl bald zurückkommen.

– Die Zeitungen beschäftigen uns den ganzen Tag und wir erwarten mit größter Spannung die Ereignisse der nächsten Wochen. Hoffentlich kommt unser Sieg recht rasch und vollständig! Mit den herzlichsten Grüßen

Dein alter Ernst

b Ich würde es für das beste halten, Karlchen in der Anstalt zu lassen.

a gestr.: uns; b weiter am Rand v. S. 2;

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
18.07.1870
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 38603
ID
38603