Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Charlotte und Carl Gottlob Haeckel, Mannheim, 8. September 1870

Mannheim Dienstag 8. Sept. 70

Liebste Eltern!

Montag 5. Sept. Morgens reiste ich aus Jena ab; Agnes wird Euch inzwischen geschrieben haben, daß ich die Absicht hatte, direct nach Bonn zu gehen, von dort nach London, um der am 14 bis 20. September a in Liverpool stattfindenden englischen Naturforscher Versammlung beizuwohnen. Den Besuch bei Euch wollte ich zur Rückreise verschieben. Seit gestern habe ich aber meinen Reiseplan geändert. Inmitten des Kriegs- Getümmels, das ich in Mainz traf, b und einzig und allein von patriotischen || Betrachtungen erfüllt, habe ich augenblicklich weder für England noch für die Naturforscher- Versammlung das geringste Interesse. Ich habe also gestern in Mainz Kehrt gemacht und bin hierher gereist, wo ich von meinem alten Freunde Bertheau sehr freundlich aufgenommen wurde. Heute Abend werde ich nach Heidelberg gehen von dort nach Carlsruh und nach Illenau, um Karlchen zu besuchen und mit seinen Ärzten zu sprechen. Dann denke ich nach Heidelberg zurückzukehren und den Rhein hinab nach Bonn zu gehen. Dort bleibe ich vielleicht einige Tage und komme dann zu Euch nach || Berlin. Ihr könnt mich also Ende September oder Anfang Oktober (spätestens!) erwarten. Vielleicht komme ich schon in 14 Tagen.

Ich habe heute einen ausführlicheren Reisebericht an Agnes geschickt, den sie Euch senden wird. Die Bewegung des Kriegslebens hier am Rhein zu sehen, ist sehr interessant, wenn auch oft recht traurig.

‒ Ich befinde mich sehr wohl, und bin zufrieden, die Reise nach England, die mich mehrfach beschäftigte, aufgegeben zu haben. Es wäre jetzt gar keine passende Zeit und Stimmung gewesen! ||

Dienstag war ich in Frankfurt, gestern in Mainz.

Bitte, schreibt mir nach Heidelberg (im „Darmstädter Hof“). Ich werde wohl auf der Rückkehr von Illenau ein paar Tage dort bleiben.

Wenn Du jetzt Geld brauchst, liebe Mutter, kann ich dir 100-150 rl schicken.

Hoffentlich seid Ihr alle wohl. Grüße den lieben Vater und die Potsdamer herzlichst.

‒ Wenn Karl mir etwas zu bestellen hat soll er mir umgehend nach Illenau schreiben.

c Schicke diesen Brief an Karl.

Dein Ernst.

a gestr.: sta; b gestr.: h; c weiter am Rand v. S. 4.

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
08.09.1870
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 38541
ID
38541