Ernst Haeckel an Karl Haeckel, Jena, 20. Dezember 1889
Jena 20. Decbr. 1889
Liebes Bruderherz!
Beifolgend sende ich Dir als Weihnachts-Gruß die Photographien unserer beiden lieben Eltern, welche ich beide recht gelungen finde. Das eigentliche Pendent zu Mutters Bilde (vergrößert von der Visit. Karte des alten Ehepaares) a ist weniger gelungen, zu alt. Eine größere Zahl von Abdrücken (für die Kinder) erhältst Du nach Weihnachten; der Photograph konnte jetzt nicht mehr liefern. An Tante Bertha habe ich heute beide gesandt. ||
– Zu Weihnachten bitte ich Dich – auf Kosten meiner von Dir so vortrefflich verwalteten Kasse ein solennes – „Convivium familiare“ – zu veranstalten, wobei es wegen des Brautpaars besonders glänzend hergehen muß und Tante Bertha nicht fehlen darf; also etwa folgendes zoolog. Menu:
1. Radiolarien-Suppe
2. Krebs-Pasteten
3. Karpfen à la Potsdam
4. Rehbraten à la Jena
5. Fasanen à la Merseburg
6. Medusen-Gallerte (Glocke)
7. Baeren-Eis (aus dem Eismeer)
8. Protisten-Confect. ||
– Wir hoffen auf fröhliche Feiertage, da unser Social-Herz durch den glücklich ab-operirten Ball sehr erleichtert ist. –
Von der „Influenza“, an der ¼ von Jena leidet (– auch das ganze Zoolog. Institut außer mir) sind wir bis jetzt verschont geblieben.
– Heinz, der leider wohl nicht abkommen kann, wird Heilig-Abend bei uns sein, u. die Stelle von Walter vertreten, der in München bleibt. –
N. B. „Richter“ filius (Paul) war auch auf dem Ball, hat aber nicht mitgetanzt. (Die nicht tanzenden Studenten haben allein 2 Faß Spatenbräu geleert! –) ||
Das Geld habe ich richtig erhalten. Ich denke es wird reichen. Die Quittung von Ernst Reimer (über 888) erbitte womöglich vor Neujahr, sonst bald nachher.
– Mit dem Ankauf der North. Pacif. bin ich einverstanden. Du kannst noch einiges mehr darin anlegen.
– Agnes u. die Kinder grüßen bestens. Lisbeth ist höchst fidel und läuft täglich ein paar Stunden Schlittschuh.
– Mit besten Wünschen für ein fröhliches Fest
Dein treuer Bruder
Ernst.
a gestr.: erhältst Du später, es