Ajaccio auf Corsica
Samstag 13 März 75
Liebste Agnes!
Heute Morgen sind wir glücklich am Ziele unserer Reise hier angekommen und haben Ajaccio, in dem wir nun einen Monat bleiben und arbeiten werden, nicht weniger schön gefunden, als wir nach den Schilderungen die wir gelesen, erwarten durften.
Der Hafen ist sehr groß und geschützt, so daß er uns schöne Ausbeute zu liefern verspricht.
Die Vegetation auf den schönen Bergen, welche ringsum den weiten Golf umgeben, ist sehr üppig und ganz südlich. ||
Meinen Brief aus Marseille wirst Du erhalten haben. Ich verlebte dort vorgestern (Donnerstag) noch einen sehr hübschen Abend in Gesellschaft des deutschen Consul Hoehne und seines Secretairs v. Salusky. Beide sind sehr gebildet und interessirten sich sehr für Entwickelungsgeschichte.
Gestern (Freitag 12.) morgens 9 Uhr verließen wir Marseille, leider auf einem sehr schlechten Dampfschiff, welches bei starka bewegter See schrecklich schaukelte. || Wir wurden alle drei tüchtig seekrank, ich selbst so gründlich, wie nie zuvor. Heute früh um 3 Uhr hier angekommen fühlten wir uns gänzlich ruinirt. Jedoch hat uns ein tüchtiger Spaziergang ganz wieder auf die Beine gebracht. Leider sind unsre beiden Kisten immer noch nicht angekommen, so daß wir noch einige Tage mit Beginn der Arbeit warten müssen. Wir wollen diese zu kleineren Partien in die Umgebung benützen. ||
Es ist hier ein gutes deutsches Gasthof [!] (Germania- Hôtel von Dietz) darin einige Dutzend Engländer und Deutsche als klimatische Curgäste.
Ich schließe heute, weil der Brief fort muß. Im nächsten Näheres!
Es gehen wöchentlich 2 mal Briefe von hier fort. Die Briefe dürfen nicht dick sein; laß sie vorher auf der Post wiegen. Schicke zunächst noch poste restante.
Herzlichsten Gruß allen Lieben in Jena und Potsdam Dein treuer
Ernst.
b Hoffentlich erhalte ich bald Nachricht von Euch!
a korr. aus: starker; b weiter am Rand;