Haeckel, Ernst

Jena 24 Aug 74

Mein geliebtes Röschen!

Über Deine beiden lieben Briefe und die guten Nachrichten von Euch habe ich mich sehr gefreut! Es war eine ganz gute Unternehmung, diese Salzunger Badereise, zumal ich wegen meiner verwünschten Correktur doch nicht von hier fortgekonnt hätte. Um so mehr wollen wir nun unsere zweite Hochzeitsreise genießen, auf die ich mich sehr freue! Hoffentlich haben wir so schönes Wetter, wie auf der ersten; jedenfalls habe ich ein unendlich liebenswürdigeres Weibchen, allerliebst!! ||

Unseren „siebenjährigen Kriegs-“ Tag resp. Hochzeits- Friedens- Schluß, hätte ich am 20. gar zu gerne bei Dir gefeiert! Ich war Mittags bei der Mamma, mit Tante Johanne und ihrem klangvollen Töchterlein zusammen. Wir stießen auf Euch an und Lisi jubelte dazu!

Auch vorgestern (Sonnabend) war ich Mittag dort, da unerwartet Ottchen erschienen war. Ich machte mit ihm Nachmittags einen Spaziergang in den Schwabhäuser Grund, um ihm den großartigen Eisenbahnbau zu zeigen. ||

In Auma geht Alles gut.

Die Mamma ist auch sehr wohl.

Helenchen besorgt die Wirthschaft mit vielem Geschick und kocht recht gut, freilich nicht so gut, als dass unvergleichliche Clärchen! Letztere soll nur bis Anfang September mit Walter dortbleiben, läßt Mamma sagen. Der schwache Unterleib der guten Frau Neumann ist auch wieder erstarkt und hat Emmchen Nichts geschadet. Letztere ist recht fidel und wird bald so rund wie ihre Mamma und wie Schwester Lisi. Diese ist allerliebst, spielt sehr heiter und ist ihren Husten ganz los. ||

Zur Unterstützung der armen alten Huschken habe ich einstweilen 30 rl geliefert. Mehreres verbat sie sich, da ihre Berliner Kinder Ihr Nischt verjütet hätten! Die armen Thiere!!

– Meine Correkturen werden Mittwoch zu Ende gehen! Hoffentlich kann ich Donnerstag – spätestens Freitag – reisen.

Auf frohes Wiedersehen, mein liebstes Herzchen, schone Dich nur recht, Du zarte Frau, und arbeite nicht gar zu viel! Das Arbeiten macht zu nervös!! – An Wälti und Clara schönste Grüße, den besten Dir selbst!

Dein treuer Ernst

a Den schm. Unterrock werde ich mitbringen!

II.

Unsere süße Lisi, die Allerliebst munter und schelmisch ist, ist gestern bereits zur Mamma übergesiedelt, bei der gestern gleichzeitig ihre beiden Schwestern nebst dem sehr hübsch abgerundeten Helenchen eingetroffen sind. Tante Görings- Therese reist morgen schon wieder zurück. Sie ist recht frisch und dick. Die arme magere b Tante Johanne bleibt hingegen mit Helenchen noch drei Wochen hier, damit letztere etwas von der Wirthschaft lernt! ||

Clärchen kann also ruhig mit Wälti noch drei Wochen in Salzungen bleiben, während wir uns bald nach meiner Ankunft aufmachen wollen. Nicht wahr süßes Schätzchen? Ich freue mich fabelhaft auf unsre Reise!

– Die Mamma lässt Euch herzlichst grüßen. Sie ist sehr munter und froh, einmal einige Zeit Clärchen wo anders zu wissen!

Bei Ottchen geht‘s recht gut!

Klotchen scheint schon wieder die Familie mehren zu wollen!!

Emmerinchen ist sehr munter und rund! Bloß die alte Neumann hat Diarrhoe und Knaufbiegen.

An Wälti und Clärchen herzlichste Grüße! Dein treuer Ernst

a weiter am Rand; b Dittographie für: Johanne;

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
24.08.1874
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 37605
ID
37605