Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 10. Mai 1886

Potsdam 10/5 86.

Lieber Ernst!

Zu meinem Bedauern hörte ich, daß Du nicht her kommen wirst; und bei der Ungewißheit, ob ich noch länger leben muß, sende ich den Rock, den ich für Deine Lisbet gearbeitet habe, hierbei möge sie ihn gerne tragen, und dabei denken wie viel gute Wünsche ich für meine liebe Enkelin mit hineingearbeitet habe. Zugleich frage ich an: ob mein gelehrter Herr Sohn wohl den Rock, den ich ihm || für Emma mitgab mit der Bitte mir zu schreiben ob er so recht sei, oder was ich anders machen solle, keine Antwort erhalten habe, so muß ich annehmen daß mein Sohn den Rock gar nicht abgegeben hat. Sollte es nur vergessen sein, so bitte ich wenn an dem Rock noch etwas geändert werden soll es bald mich wissen zu lassen, weil ich sonst die Wolle, dazu anderweitig verbrauche. Mein lieber Ernst, mag es || mir verzeihen, daß ich ihn in seinen gelehrten Gedanken mit dieser Angelegenheit belästige, was eigentlich Frauen Sache ist, doch da ich jetzt mit meinen steifen Fingern nicht mehr orndlich schreiben kann, so wollte ich Deine Frau nicht belästigen. Wenn Deinen Töchtern die Röcke lieb sind, so freut es mich, mir hat es Freude gemacht für sie etwas thun zu können. Ist es doch überhaupt schwer sich daran zu gewöhnen, Nichts thun zu können. ||

So gern ich auch noch mit Dir, mein lieber Ernst, etwas plaudern möchte, so kann ich doch nicht, und sende Dir nur noch meine innigste Wünsche daßa es Dir mit Deiner lieben Frau und den Kindern wohl gehen möge. Behalte lieb Deine alte Mutter

Lotte Häckel.

a eingef.: daß

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
10.05.1886
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 37011
ID
37011