Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 15. September 1883

Potsdam 15/9 83.

Mein lieber Ernst!

Diese Zeilen begrüssen Dich ja wie ich aus Deinen heute erhaltenen Zeilen sehe in Deinem neuen Daheim. Gebe Gott Dir und Deinen Lieben darin viele heitere Tage, wenigsten so gut, wie es bei diesem wechselnden Leben sein kann, vor allem Zufriedenheit und Gesundheit. So sehr ich mich auch freute von Dir Nachricht zu bekommen, so ist es mir doch recht leid, daß Du Dir den Fuß vertreten hast und ich bitte Dich || dringend: schone den Fuß recht, hast du ihn Dir auch wohl orndlich wickelen lassen? Denke, daß Du es mir zum Gefallen thust, wenn Du vorsichtig bist. Allerdings wird es Dir Kampf kosten ruhig zu sein, da 2 so große Umzüge auf dem Ordnen wartten; aber übernimmt Dich nicht und werde nicht ungeduldig, wenn nicht Alles gleich so wird, wie Du es wünscht. Ich freue mich recht, daß Ihr jetzt so herrliches Wetter habt, || da könnt Ihr noch recht lüften, das ist gewiß in dem neuen Haus recht gut. – Ich bin auch täglich einmal im Gartten.

Von Anna sind die Nachrichten bis jetzt so gut, als man es für den Anfang erwartten kann, die ganze Sache ist aber doch sehr betrübt, und bringt mancherlei Sorge. Ich kann Dir nicht sagen, mein lieber Ernst, wie sehr ich Karl und das junge Paar bedauere; ich glaube im glücklichsten Fall können wir Anna doch erst im nächsten Sommer erwartten. ||

Heute sagte mir Karl, daß Conrath Jakobie sich verlobt habe mit einer Norwegerinn, die mit ihrem Vater, einem Kaufmann im Bade gewesen ist, wo auch C. zum Gebrauch des Bades war; da haben sich die jungen Leute kennen lernen, es soll ein sehr nettes Mädchen sein. Die Verlobung soll erst bekannt gemacht werden, wenn Helehne zurück ist. –

Es ist dafür gesorgt, daß die Welt noch nicht ausstirbt. – – ||

Gewiß seid Ihr, Lieben alle Beide recht müde nach dem überstandenen Umzug; nun wenn Ihr nur wohl seid; und vor allem schone Deinen Fuß.

Ich habe so oft an Dich gedacht, wenn ich von den Cingalsen, die in Berlin sind, in den Zeitungen las, dann dachte ich, ob nicht Ernst kommen wird zu sehn, ob unter ihnen alte Bekannte von ihm sind. – ||

Karl hat heute gleich die 2000 Mark an Dich abgeschickt, und ich habe heute mit ihm besprochen, daß er es veranläßt, daß die zum October fälligen Zinsen der vereinigten Westplahlia [!] gleich von Dortmund an Dich schicken läßt.

Für heute gute Nacht! Sei mir Frau und Kinder aufs herzlichste gegrüßt von Deiner

alten Mutter

Lotte Häckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
15.09.1883
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36962
ID
36962